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Staat machen. Der frühere Bundespräsident Richard von Weizsäcker und die britische Queen Elizabeth II. plaudern an der großen Tafel. Auch so entsteht ein gutes Klima zwischen Ländern.

© picture alliance / dpa

Die hohe Kunst des Protokolls: Lecker essen mit dem Präsidenten

Wenn nicht gerade ein Virus wütet, ist Berlin Bankett-Hauptstadt. Knut Bergmann hat über Glanz und Pannen der Abende in bester Gesellschaft geschrieben.

Keine Dinner-Party weit und breit. Das gilt nicht nur für normale Menschen. Auch bei den Staatsbanketten ist Pause seit Beginn von Corona. Was das bedeutet, kann sich der langjährige Protokollchef Bernhard von der Planitz gut vorstellen. Schließlich hat er Jahre seines Lebens damit verbracht, eine gute Atmosphäre zu schaffen, in der Beziehungen zwischen Ländern und ihren Repräsentanten auf einen konstruktiven Weg gebracht werden und gelingen. Eine solche Atmosphäre setzt sich aus vielen Details zusammen. Exzellente und dann auch noch dem Geschmack des Gastes entsprechende Speisen sind nicht allein ausschlaggebend dafür, dass dieser sich wohlfühlt. Ein reibungsloser Ablauf hilft ebenfalls, ist aber keineswegs selbstverständlich, wenn Staatsgäste plötzlich spontane Ideen oder Wünsche haben. Dafür kann man sich bei den Tischgesprächen besser kennenlernen und unauffällig auch das Terrain abklopfen für weitergehende Pläne und Anliegen.

Lernen für eigene Dinner-Partys

Wer von den Großen lernen will für die eigenen Dinners, die bald hoffentlich wieder möglich sind, kann zur gerade im Insel-Verlag erschienenen Taschenbuchausgabe von Knut Bergmanns „Mit Wein Staat machen. Eine Geschichte der Bundesrepublik Deutschland“ greifen und sich entsprechende Anregungen holen. Bernhard von der Planitz gehört, wie auch Martin Löer, in dieser anhand gesellschaftlicher Top-Anlässe erzählten Geschichte der Bundesrepublik Deutschland zu den Protokoll-Profis, die dort unterhaltsam über Sitten, Gebräuche und natürlich auch Pannen erzählen.

Die Pannen der Profis

Die in Berlin wohl bekannteste, bei der sich Hape Kerkeling als Königin Beatrix verkleidet bis vors Schloss Bellevue chauffieren ließ, spielt natürlich eine Rolle. In die gleiche Kategorie fiel der zunächst geglückte Versuch eines Mitglieds der chinesischen Oppositions-Bewegung Falun-Gong sich beim Empfang für den chinesischen Staatspräsidenten einzuschmuggeln. Von der schwankenden Form des Bonner Hotels Königshof bis zum Einsatz Berliner Spitzenköche im Schloss Bellevue erfährt man zudem einiges darüber, wie man sich „lecker essen mit dem Präsidenten“ vorzustellen hat. Bill Clintons Stippvisite im Gugelhof in Prenzlauer Berg setzte da im Jahr 2000 unvergessene Maßstäbe in volkstümlicher Lässigkeit. Dem Ritt durch die Kulturgeschichte, an deren Beginn das gemeinsame Essen nicht nur mit dem Nachwuchs, sondern auch mit Fremden steht, folgen Einblicke in die gesellschaftlichen Akzentsetzungen der deutschen Präsidenten und Kanzler.

Langweilige Kaiserin

Nicht alle waren Weinliebhaber wie Konrad Adenauer, dessen Delegation zwecks höherer Trinkfestigkeit schon mal Olivenöl einnahm zwischendurch. Dass nicht alles glänzt, was so aussieht, beweist ein Bild des beim Sekt angeregt mit der persischen Kaiserin Soraya plaudernden Theodor Heuss, der seine Gesprächspartnerin später als langweilig beschrieb. Unterhaltsam und tröstlich für Gastgeber, die glauben sich selbst schon blamiert zu haben, sind die Schilderungen der Pannen. Geschenke, wie das Bild ei es blauen Ponys für die Queen, sind dafür besonders anfällig, aber auch die Umstände, aus denen jemand einen Flieger verpasst. Dass kulinarische Vorlieben weder von der Herkunft noch von der Parteizugehörigkeit abhängen, sollte auch private Gastgeber darauf aufmerksam machen, dass ein bisschen Recherche lohnt, bevor man sich Gäste an die eigene Tafel holt. Wie sich eine bewusste Bescheidenheit bei der staatlichen Repräsentation in Deutschland trotzdem verbinden lässt mit dem Genuss und damit natürlich auch der Zurschaustellung exquisiter deutscher Produkte wird hier ebenso ausführlich wie unterhaltsam geschildert.

Schloss Salem inspirierte

Der Autor Knut Bergmann glaubt, dass sein Abitur im Internat Schloss Salem das „Interesse an staatstragenden Dingen“ geweckt hat. Nachdem der promovierte Politikwissenschaftler zunächst bei der Talkshow–Moderatorin Sabine Christiansen als Büroleiter tätig war, wechselte er 2005 ins Grundsatzreferat des Bundespräsidialamtes. Zunächst war es das Thema Orden, das ihn besonders interessierte. Schließlich habe er durch die Tätigkeit immer wieder großartige Menschen kennengelernt, für deren uneigennützigen Einsatz niemand je „Danke“ gesagt habe. Bei der Vorbereitung der Inlandstermine für den damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler kam er immer mal wieder mit Protokollern zusammen.

Die Liebe zum Wein

Als Weinliebhaber faszinierte ihn der Weinkeller vom Schloss Bellevue. Ob man heute noch Gästen, wie früher durchaus üblich, gute Tropfen aus anderen Ländern kredenzen sollte? Darauf hat er eine klare Antwort. Eine Weinbaunation habe genug eigene Gewächse zu bieten. Inzwischen leitet Knut Bergmann die Kommunikation beim Institut der Deutschen Wirtschaft. Seine Passion pflegt er nebenbei als Dozent an der Universität Bonn. Der Titel seines Seminars lautet: „Staatsrepräsentation“.

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