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Berlin: Die Konkurrenz der Kitas

Umstrukturierung gelungen: Heute sind die meisten Tagesstätten privatisiert Ein Wettbewerb ist eröffnet. Denn nur wer Qualität bietet, ist auch ausgebucht

Berlins Kindertagesstätten haben eine einzigartige Umbruchphase hinter sich. Um rund 40 Millionen Euro pro Jahr zu sparen, ohne dabei Betreuungsplätze zu streichen, wurde die gesamte Struktur verändert. Allein seit Januar 2005 wechselten knapp 29 000 Kita-Plätze aus der Obhut der Bezirksämter in die der kostengünstigeren freien Träger. Bis zum Herbst kommen weitere Plätze hinzu. Dann ist das große Senatsziel erreicht: Nur noch ein Drittel der Kitas wird öffentlich sein.

„Es gab unglaubliche Verwerfungen, es gab Stress und Reibungsverluste“, resümiert Martin Hoyer, Kita-Referent beim Paritätischen Wohlfahrtsverband. Viel hing vom jeweiligen Bezirk ab und davon, wie transparent er die Vergabe an die freien Träger gestaltete. Trotz aller Belastungen für die Kitas ist Hoyer aber davon überzeugt, dass die Richtung der Reform stimmte – und das nicht nur aus finanziellen Gründen.

Auch Klaus Schröder von der GEW ist der Ansicht, „dass die Richtung richtig war“. Aber auch er spricht von „Reibungsverlusten“ und davon, dass „die Unruhe das Schmerzhafteste war“, denn in jeder Kita mussten die Erzieherinnen entscheiden, ob sie den Wechsel zu einem freien Träger riskieren wollten. Wenn nicht, mussten sie sich in den Stellenpool des Landes versetzen lassen – außer, sie konnten bei einer der Kitas unterkommen, die in öffentlicher Trägerschaft bleiben und den fünf neuen Kita- Eigenbetrieben zugeordnet wurden.

Diese Kitas sollen künftig, so die Vorgabe, mit denselben staatlichen Zuschüssen („Platzgeldern“) auskommen wie die freien Träger. Dies bedeutet, dass sie genauso gut haushalten müssen, was etwa dazu führt, dass sie es sich – anders als früher in Bezirksregie – nicht mehr leisten können, Plätze unbesetzt zu lassen. Denn jeder freie Platz führt dazu, dass sofort die staatlichen Zuschüsse sinken.

Dies aber dient der Qualität: Wenn eine Kita verhindern will, dass sie Personal abbauen muss oder gar mangels Nachfrage geschlossen wird, muss sie attraktiv für Familien sein. Denn angesichts der großen Auswahl an Kitas ist niemand mehr gezwungen, eine schlecht geführte Einrichtung zu wählen.

Noch ist nicht absehbar, ob die Eigenbetriebe das gewünschte Sparziel erreichen können. Erfahrungsgemäß tendieren Eigenbetriebe dazu, Defizite aufzuhäufen, weil sich die Mentalität des öffentlichen Dienstes nicht so schnell ausmerzen lässt. Zudem besteht die Gefahr, dass den Eigenbetriebskitas vor allem Kinder aus sozial schwachen Familien bleiben, falls freie Träger attraktiver sind und deshalb mehr Besserverdiener an ihre Einrichtungen binden können. Das wird abzuwarten sein.

Grandios gescheitert ist der Senat mit dem Ziel, die Betreuung der Kinder unter drei Jahren stärker auf Tagesmütter zu verlagern. Nach wie vor betreuen sie nur rund 4400 Kinder und damit nur etwa 13 Prozent der gesamten Krippenkinder. Aus finanzpolitischer Sicht ist dies ausgesprochen ungünstig, denn ein Tagesmutterplatz kostet pro Monat nur 508,80 Euro, ein Platz in einer Krippe hingegen 796 Euro. Zudem lassen sich Tagesmütter viel seltener krank schreiben als Kita-Erzieherinnen.

Dass die Umstellung nicht klappte, hat mehrere Gründe. Zum einen haben die Bezirke versucht, Tagesmütterplätze abzubauen, da sie für deren Bezahlung zuständig waren, nicht aber für die Finanzierung der Krippenplätze. Andere Bezirke haben den Ausbau von Tagesmütterplätzen von Anfang an blockiert, weil sie ihr eigenes Personal in den Krippen ausgelastet sehen wollten. Hinzu kam, dass besonders in den östlichen Bezirken Eltern erst damit bekannt gemacht werden mussten, dass Tagesmütter eine adäquate Alternative zu Krippen sind.

Die gemeinnützige GmbH „Familien für Kinder“ will der Tagespflege mehr Akzeptanz verschaffen. Sie berät auch Frauen, die sich für diese Tätigkeit interessieren. Mehr unter www.familien-fuer-kinder.de

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