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Berlin: Die Kudamm-Kantine

Im Haus Cumberland eröffnet Borchardt-Chef Roland Mary das „Grosz“.

Was auf der Speisekarte stehen wird, ist noch geheim. Wird es Schnitzel geben? Oder nur Sandwiches? Roland Mary, der Borchardt-Wirt, neigt ohnehin zur Geheimniskrämerei, und er ließ sich bislang auch nicht in die Speisekarten seines neuen „Grosz“ am Kurfürstendamm schauen. Während andere zur Eröffnung Fotografen gern dutzendweise antreten lassen, war die Presse zur Eröffnung am Donnerstagabend nicht eingeladen.

Das Prinzip ähnelt also dem des „Borchardt“: Hier im so lange brachliegenden Haus Cumberland sollen die Schönen, Wichtigen und Reichen aus Charlottenburg und dem Rest dieser Stadt auch und vor allem deshalb Station machen, weil sie sich in diskreter Atmosphäre unter sich fühlen. Das denkmalgeschützte Gebäude gleich neben der bedeutenden Currywurstbude Kurfürstendamm 193/194 bietet dafür das passende Ambiente, dazu beheizte Bürgersteige vor dem Gebäude, Luxus-Marken rechts und links.

Die Inneneinrichtung orientiert sich an der Pracht der Goldenen Zwanziger. Hohe Decken mit aufwendigem Stuck, dazu Säulen, Spiegel, Marmorfliesen und ein Brunnen. Die Stühle kommen aus Frankreich, die Lampen aus Spanien. Insgesamt bietet das „Grosz“, benannt natürlich nach dem 1893 in Berlin geborenen deutsch-amerikanischen Maler und Grafiker George Grosz, knapp 200 Sitzplätze auf 300 Quadratmetern.

Doch Mary ließ Neugierigen immerhin bestellen, er wolle keineswegs ein zweites Borchardt eröffnen, und zweifellos wäre das „Grosz“ zu groß, um nur eine weitere Prominentenkantine zu sein. Denn es handelt sich um eine Kombination aus Patisserie, Kaffeehaus, Bar und Restaurant, konzipiert ganz offensichtlich mit dem Ehrgeiz, die große Tradition des Kurfürstendamms mit der Tradition der europäischen Kaffeehäuser zu verbinden und den aufstrebenden Boulevard mit ein wenig Neo-Glanz zu befunkeln.

Paris spielt hier eine ebenso große Rolle wie Berlin: Ab 8 Uhr morgens kann man sich in der Patisserie „Louis“ mit süßen Delikatessen eindecken, die man sonst eher in Frankreich findet: Tartes und Petits Fours, Baguettes und Croissants. Zu den Spezialitäten dieser Konditorei werden verschiedene Windbeutel gehören, die es auch verpackt als süße Geschenke gibt. Im hinteren Bereich des Lokals können Gäste durch eine große Fensterscheibe den Köchen bei der Arbeit zusehen.

Am Erfolg des Projektes hängen auch die Hoffnungen vieler Gastronomen der West-City. Denn der historische Glanz des Boulevards ist zwar durch zahlreiche Luxusgeschäfte wiederbelebt worden, denen aber das kulinarische Niveau bislang nicht entspricht. Doch die Szene bewegt sich: Im „Café New York“ am Olivaer Platz wurden jetzt Andreas Lanninger und Danijel Kresovic gesichtet, ein wohlbekannter Gastgeber und ein renommierter Koch. Gescheitert ist hingegen das mit viel Wirbel gestartete japanische Restaurant „Di“ am Kurfürstendamm: Die Betreiber eröffnen in dem Raum gerade ein Designer-Outlet. bm/Bi

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