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Berlin: Die lange Dürre von Pamukkale

Der juristische Streit um den Brunnen im Görlitzer Park geht frühestens Ende Juni in die nächste Runde

Umgestürzte Steine, beschmierte Figuren, Scherben und Schutt am Boden: Der Pamukkale-Brunnen im Görlitzer Park in Kreuzberg verfällt seit mehr als zehn Jahren. „Wenn ich an den Absperrgittern vorbeilaufe, packt mich die Wut“, sagt Bezirksbürgermeister Franz Schulz (Grüne). Doch auch 2008 kann der Bezirk die Brunnenanlage nicht zum Sprudeln bringen. Das Berliner Kammergericht wird sich frühestens Ende Juni oder im Juli erneut mit dem Ausmaß der gravierenden Schäden beschäftigen, die schon kurz nach der Inbetriebnahme des Brunnens 1998 auftraten. Davon hängt die umstrittene Höhe des Schadensersatzes ab, mit dem der Bezirk rechnen kann. Erst nach einem abschließenden Richterspruch kann die Anlage saniert werden. Diese Arbeiten werden frühestens Mitte 2009 abgeschlossen sein, schätzten Experten.

Das schier endlose Trauerspiel um die riesige begehbare Brunnenanlage nach dem Vorbild der türkischen Kalksteinterrassen bei Pamukkale begann im Frühjahr 1999, als man nach einem frostigen Winter in den Steinen der Wasserbecken Risse entdeckte. Der Brunnen wurde gesperrt, und nun begann ein jahrelanges juristisches Ringen zwischen dem Bezirk und dem Schöpfer des Brunnens, Bildhauer Wigand Witting. Anfangs war strittig, wer für die Schäden aufkommen muss. Der Bezirk stellte sich auf den Standpunkt, Witting habe die falschen Steine ausgewählt. Die porösen Quader aus rötlichem Kalksandstein hätten sich mit Wasser vollgesogen und seien vom Frost gesprengt worden. Witting konterte, die Risse seien durch Pfusch bei der Montage der Steine entstanden.

Nach etlichen bautechnischen Gutachten setzte sich der Bezirk im Juni 2007 in zweiter Instanz vor dem Berliner Kammergericht durch. Der Bildhauer müsse „für die Schäden aufkommen“, hieß es im Urteil. Allerdings wollten sich die Richter hinsichtlich der gleichfalls umstrittenen Höhe des Schadensersatzes nicht festlegen. Stattdessen beauftragten sie einen weiteren Gutachter, der bis zum Ende dieser Woche das genaue Schadensausmaß feststellen soll. Der Bezirk hält die gesamte Anlage für defekt und verlangt eine Million Euro. Aus Sicht von Witting sind nur die Seitenflügel beschädigt.

Auf der Grundlage dieser neuen Expertise will das Gericht dann „so schnell wie möglich, vielleicht schon im Juni“, so dessen Sprecherin, ein weiteres Urteil zur Höhe des Schadensersatzes fällen. Vorausgesetzt, das Gutachten wird von den streitenden Parteien akzeptiert. Stellt es eine Seite infrage, muss der Gutachter möglicherweise „nacharbeiten“. Und sollte Bildhauer Witting nach alledem mit dem abschließenden Gerichtsurteil nicht einverstanden sein, könnte er noch beim Bundesgerichtshof Beschwerde einlegen. Das würde die Sanierung des Brunnens ein weiteres Mal verzögern. „Wir können erst die Baufirmen bestellen, wenn wir verbindlich wissen: Der Schaden wird ersetzt“, sagt Bezirksbürgermeister Franz Schulz. Das gebiete die Landeshaushaltsordnung.

Den Gästen im Café Edelweiß direkt gegenüber der Brunnenruine reißt aber schon jetzt der Geduldsfaden. „Wenn der Zank so weiter geht“, sagt ein Mann auf der Caféterrasse, „kann man hier nichts mehr reparieren, sondern nur noch abreißen. Es ist alles zerfallen.“

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