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Berlin: Die Mauer in die Köpfe

Nicht nur Schlösser und Kirchen kommen auf die Welterbe-Liste der Unesco. Man will auch an düstere Kapitel erinnern. Ein Pro & Contra

Schloss Sanssouci ist gewissermaßen Standard auf der Liste der Weltkulturdenkmäler. Als ein Zeugnis vergangener Kulturen, deren Untergang ein unersetzlicher Verlust für die Menschheit wäre. Einzigartig und authentisch – wie Dutzende andere Königsresidenzen auf dieser Welt. „Es gibt das Bestreben, nicht nur immer Schlösser zum Denkmal zu machen“, sagt der Cottbuser Archäologie-Professor Leo Schmidt. Vor allem aus dem 20. Jahrhundert gebe es bislang kaum Kulturdenkmäler. Deshalb schlägt Schmidt, wie berichtet vor, die Reste der Berliner Mauer in die Liste mit aufzunehmen, die „steinernen Zeitzeugen des Kalten Krieges“.

Den Kriterien der UN-Kulturorganisation Unesco für die Aufnahme in das Welterbe entspricht die Berliner Mauer durchaus. Die Diskussion sei „absolut sinnvoll“, sagt die Kulturreferentin der deutschen Unesco-Vertretung in Bonn, Christine M. Merkel. Dass die Unesco auch die blutigen Seiten der Menschheitsgeschichte nicht verschweigen will, zeigen die Aufnahme des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz oder der Gedenkstätte in Hiroshima. Diese Objekte sind verknüpft mit einem „Ereignis von außergewöhnlicher universeller Bedeutung“, heißt es in der Begründung der Kommission.

Mit königlichem oder kirchlichem Prunk hat aber auch die Völklinger Hütte nichts gemein. Der einst Feuer speiende Industriekoloss im Saarland wurde 1999 in die Liste aufgenommen. Auf der Liste stehen aber auch die Schiffshebewerke des Canal du Centre in Belgien und die historische Kartonfabrik von Verla (Finnland).

Für die kulturpolitischen Experten der rot- roten Koalition hat die Berliner Mauer auf der Liste nichts zu suchen. Von Einzigartigkeit könne schließlich keine Rede sein, sagt Wolfgang Brauer (PDS). „Dann käme auch der wegen der Emigranten-Ströme schwer bewachte Metallzaun zwischen den USA und Mexiko in Betracht.“ Und seine Kollegin von der SPD, Brigitte Lange, ergänzt: „Oder die Grenze zwischen Süd- und Nordkorea.“ Von der Berliner Mauer sei außerdem kaum noch etwas übrig, das sich lohne, als Welterbe eingetragen zu werden. Nach Auffassung der Berliner CDU würde der mahnende Charakter der Mauer durch den Status des Welterbes verstärkt. Sie befürwortet deshalb Schmidts Vorschlag.

Für seine Gegner arbeitet derweil die Zeit. Denn nach Angaben der Unesco gibt es bis 2015 in Deutschland schon Anwärter für den jährlichen Vorschlag. Dazu zählten die Altstadt von Regensburg, das Wattenmeer und das Opernhaus Bayreuth. Aber auch die Berliner sind bereits im Rennen, wollen die 20er-Jahre-Siedlungen Falkenberg, Siemensstadt, Wohnstadt Carl-Legien, Weiße Stadt und die Hufeisensiedlung auf die Liste bekommen. Sollte die Mauer eine Chance bekommen, dann wohl eher langfristig.

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