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Berlin: Die schönsten Franzosen im Anflug

Die Sensation des Kunstsommers wird vom New Yorker Metropolitan Museum vorbereitet: 135 Meisterwerke für die Nationalgalerie

Klimatisierte Kisten, Sicherheitsfragen, Flugpläne und Versicherungsfragen – wenn es um Meisterwerke geht, wird an nichts gespart und an alles gedacht. Im Metropolitan Museum in New York laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren. In wenigen Wochen werden 135 Kunstwerke auf den Weg in die deutsche Hauptstadt gebracht. Sicherheit ist dabei alles – deswegen werden die Meisterwerke nur allein oder zu zweit über den Atlantik geschickt. Ab dem 1. Juni werden die Französischen Meisterwerke des 19. Jahrhunderts einmalig für 99 Tage in Europa gezeigt – in der Neuen Nationalgalerie. Und sollen für ähnliche Superlative sorgen wie vor drei Jahren die legendäre MoMA-Ausstellung.

„Das ist die größte und wertvollste Ausstellung, die wir je auf Reisen geschickt haben“, sagt Gary Tinterow, zuständiger Kurator des Metropolitan Museum of Art, dem Tagesspiegel. Summen will er nicht nennen. Geld spiele nur für die Versicherungen eine Rolle, der eigentliche Wert der 135 Kunstwerke sei ihre Einzigartigkeit und Unersetzbarkeit. Entsprechend groß ist das Interesse. Schon heute werden europaweit Gruppenreisen zum Kulturereignis „Met in Berlin“ organisiert.

Aus dem texanischen Houston, wo ein Teil der Ausstellung seit Februar gezeigt wird, und aus New York werden die wohlverpackten Kunstwerke mit einer Vielzahl von Flugzeugen auf den unterschiedlichsten Wegen nach Berlin reisen. „Es sind mehr Sendungen, als Sie sich vorstellen können“, sagt Tinterow. So wird unter anderem auch darauf geachtet, dass niemals mehrere Arbeiten eines der großen Meister gemeinsam transportiert werden. Auf diese Weise ist sichergestellt, dass der Verlust bei einem Unglück in Grenzen bleibt.

Auf die Berliner und ihre Gäste wartet die größte Sammlung französischer Gemälde und Skulpturen des 19. Jahrhunderts außerhalb von Paris, verspricht Gary Tinterow. Es handele sich um „135 der besten Werke, die wir haben“. Dass die Meisterwerke von Cézanne über Renoir bis Toulouse-Lautrec – auch van Gogh gibt sich wegen seiner Schaffensperiode in Frankreich die Ehre – überhaupt die Hallen an der Fifth Avenue verlassen, liegt am Umbau des New Yorker Museums. „Wir erweitern unsere Galerien des 19. Jahrhunderts und lassen bei dieser Gelegenheit auch die vorhandenen Ausstellungsräume renovieren“, so Tinterow. Und weil man die Bilder und Skulpturen nicht ständig im Gebäude umlagern wollte, ist die Idee zur Ausstellung entstanden.

Bei die Frage, wer in Europa der Schätze würdig ist, hat Gary Tinterow nicht lange nachdenken müssen. Die Nationalgalerie habe sich mit der erfolgreichen Organisation der MoMA-Ausstellung im Jahr 2004 mit damals 1,2 Millionen Besuchern bestens qualifiziert, so der Kurator. Hier gebe es die nötige Erfahrung und das richtige Publikum. Und: „Die Nationalgalerie ist ein sehr stattliches Gebäude und unsere Ausstellung wird sich dort gut machen“.

Mit dem Generaldirektor der Staatlichen Museen, Peter-Klaus Schuster, und dem Vorsitzenden des Vereins „Freunde der Nationalgalerie“, Peter Raue, war er sich schnell einig, obwohl die Berliner die Kosten tragen müssen. Katharina von Chlebowski steckt mit ihren Kollegen vom Freundesverein bereits voll in den Vorbereitungen. In wenigen Wochen beginnt die „heiße Phase“, dann wächst ihre Mannschaft auf rund 40 Helfer. Am 6. Mai wird die gegenwärtige Ausstellung geschlossen und anschließend abgebaut. Der Aufbau wird dann rund zwei Wochen in Anspruch nehmen. Mehrere Teams aus New York werden zur Unterstützung der Berliner an die Spree reisen.

Chronologisch kommen die beiden Ausstellungen eigentlich in der falschen Reihenfolge, sagt Katharina von Chlebowski. Die Met-Ausstellung endet mit den Künstlern, mit denen die MoMA-Ausstellung von Werken des 20. Jahrhunderts begonnen hat. „Wir rechnen mit 100 000 Besuchern im Monat“, gibt sich die Organisatorin bescheiden. Mit 99 Tagen dauert die Ausstellung unter dem Motto „Die schönsten Franzosen kommen aus New York“ aber nur etwa halb so lang wie die MoMA- Schau.

Die Chance, die Kostbarkeiten aus der Sammlung des New Yorker Museums auf europäischem Boden zu bestaunen, ist einmalig. Eine Verlängerungsmöglichkeit gibt es nicht, denn bereits zu Thanksgiving am 22. November sollen die renovierten Räume des Metropolitan Museum am Central Park wiedereröffnet werden. Dass die Schätze danach noch einmal das renommierte Haus verlassen, gilt als ausgeschlossen. „Niemand kann sich vorstellen, dass wir so etwas noch einmal machen“, sagte Gary Tinterow. „Das ist, als ob man seine Kinder wegschickt.“

Rainer W. During

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