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„Die Täter müssen mich beobachtet haben“: Berliner Kultursenator äußert sich zu Farbanschlag mutmaßlicher Palästina-Aktivisten
In der Nacht zu Montag haben Unbekannte an der Adresse des Berliner Kultursenators einen Farbanschlag verübt. Sie brachten großflächig rote Schmiereien an, dazu die Worte „Genocide Joe Chialo“.
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Am Wohnhaus des Berliner Kultursenators Joe Chialo (CDU) haben mutmaßlich Palästina-Aktivisten in der Nacht zu Montag einen Farbanschlag verübt. An der Fassade und dem Eingangstor wurden großflächig rote Farbe ausgekippt, dazu mehrfach die Worte „Genocide Joe Chialo“ und „Meet The Demands“ („Kommt den Forderungen nach“) platziert.
Die Berliner Polizei bestätigte den Vorfall an dem Haus. Die Sachbeschädigung sei am Montagmorgen angezeigt worden, wie ein Polizeisprecher mitteilte. Der Polizeiliche Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen.
Chialo wertete den Angriff als ein klares Signal „eines radikalen Milieus, einer kleinen Gruppierung, die versucht, ihre Meinung mit Gewalt durchzusetzen“. Seit dem ersten Vorfall habe er Personenschutz, seine Adresse sei nicht einfach zugänglich. „Die Täter müssen mich beobachtet haben. Das zeugt von erheblicher krimineller Energie“, sagte Chialo.
Die gesprühten „Forderungen“ spielen offenbar auf die Kontroverse um das Neuköllner Kulturzentrum Oyoun an. Die von Chialo geführte Kulturverwaltung hatte dessen Förderung nach Antisemitismusvorwürfen im Zusammenhang mit einer dort ausgetragenen Veranstaltung Ende 2023 gestoppt und zum Jahresende gekündigt. Bei vergangenen Auftritten des Kultursenators hatten Aktivisten immer wieder den Erhalt des Kulturzentrums gefordert.
Am 12. September hatten propalästinensische Aktivisten den Kultursenator bei der Wiedereröffnung des Zentrums für Kunst und Urbanistik (ZK/U) in Moabit bedrängt und attackiert. Kurz nachdem er seine Rede begonnen hatte, versammelten sich rund 40 Personen, die größtenteils Palästinensertücher trugen, direkt vor dem Rednerpult, drängten sich hinauf und umringten den Kultursenator. Es wurde Pyrotechnik gezündet, außerdem wurde ein Mikrofonständer in Chialos Richtung geworfen.
Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten behauptet, sich für Anliegen der Menschen in Gaza einzusetzen. In Wirklichkeit beschädigen sie selbst die Meinungsfreiheit und versuchen ihre Meinung mit Einschüchterung und Gewalt durchzusetzen.
Martin Matz, innenpolitischer Sprecher der SPD
Chialo hatte im Anschluss eine „zunehmend aggressive Verrohung in den Auseinandersetzungen“ beklagt. „Es scheint ausschließlich darum zu gehen, dass radikale Linke und selbst ernannte Unterstützer der Hamas ihr einseitiges und verzerrtes Weltbild zur Schau stellen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen“, sagte der Kultursenator im Gespräch mit dem „Spiegel“.
Ende des vergangenen Jahres hatte Chialo für eine sogenannte Antisemitismusklausel harsche Kritik aus der Kulturszene geerntet. Mit der Klausel sollten Empfänger öffentlicher Fördergelder unter anderem zum Bekenntnis gegen Antisemitismus verpflichtet werden. Kritiker sahen die Kunstfreiheit gefährdet. Inzwischen ist Chialos Vorschlag vom Tisch. Der Berliner Senat sucht nach einer anderen Lösung.
Der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) verurteilte den Farbanschlag auf die Fassade der Privatanschrift des Kultursenators scharf. Die Aktion verdeutliche, „dass sich die Täter damit für jegliche Diskussion disqualifizieren“, schrieb er am Montag auf dem Nachrichtendienst X. Zugleich kündigte Wegner an, alle rechtsstaatlichen Mittel auszuschöpfen, „um gegen diejenigen vorzugehen, die Menschen aus politischen Gründen angreifen, Angst schüren wollen oder glauben, auf unseren Berliner Straßen internationale Konflikte austragen zu müssen“.
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CDU-Chef Merz sprach von einer schweren Straftat, die „offensichtlich von palästinensischen und linken Kräften in Berlin“ zu verantworten sei. Merz forderte die Berliner Polizei auf, konsequent zu ermitteln. „Dass ein Mann wie Joe Chialo hier in Berlin Rassismus vorgeworfen wird, nur weil er sich für die Existenz des Staates Israel und für den Schutz von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern in dieser Stadt einsetzt, ist wirklich in jeder Hinsicht inakzeptabel“, so Merz.
Auch die Berliner SPD verurteilte den „hinterhältigen und feigen Anschlag aufs Schärfste“ und forderte, sich mit aller Deutlichkeit gegen den Angriff zu stellen. „Eine Gruppe von Aktivistinnen und Aktivisten behauptet, sich für Anliegen der Menschen in Gaza einzusetzen“, sagte der innenpolitische Sprecher der SPD Martin Matz dem Tagesspiegel. „In Wirklichkeit beschädigen sie selbst die Meinungsfreiheit und versuchen ihre Meinung mit Einschüchterung und Gewalt durchzusetzen. Damit betreiben sie das Propagandageschäft der Hamas. Das werden wir nicht akzeptieren!“
Volker Beck äußerte sich am Montag auf X zu der Farbattacke auf das Haus des Kultursenators. „Politiker zu Hause aufzusuchen & (mit Schmierereien) unmittelbar zu bedrohen, das kennen wir von den Nazis! Es muss genauso verurteilt werden, wenn es „propalästinensisch“ oder „links“ daher kommt“, teilte der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und ehemalige Grünen-Bundestagsabgeordnete mit.
Auch die Fraktionsvorsitzende der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, veröffentlichte am Montag ein Statement zu der Farbattacke. „Wir verurteilen die Angriffe, Diffamierungen und Einschüchterungsversuche gegen Senator Chialo. Hier werden die Grenzen der demokratischen Auseinandersetzung überschritten, das geht nicht, ohne Wenn und Aber“, teilte Jarasch mit. (mit dpa)
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