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Pressekonferenz der Besetzer:Innen der Wuhlheide.

© Christian Mang/CHRISTIAN MANG

„Dies ist der Ort meiner Kindheit“: Aktivisten besetzen Berliner Wuhlheide als Protest gegen Bau neuer Straße

Im Berliner Osten soll die vierspurige „Tangentialverbindung Ost“ von Lichtenberg über Marzahn-Hellersdorf bis Treptow-Köpenick gebaut werden. Dafür muss Wald abgeholzt werden.

Von Johanna Treblin

Barrikaden aus Ästen machen den Eingang in den Wald zu einem Slalomlauf. Am Rand des Weges sind Schlafzelte aufgebaut, in den Bäumen hängen Transparente von „Smash Partriarchy“ bis „Carpitalismus abfackeln“. Zwischen fünf Baumhäusern und Plattformen sitzt eine Gruppe von rund 25 Aktivist:innen auf dem Waldboden und hält eine Versammlung ab.

Unter dem Motto „Wuhli bleibt – Wald statt Asphalt“ demonstrieren Klimaaktivist:innen in der Wuhlheide im Berliner Bezirk Treptow-Köpenick gegen den geplanten Bau der sogenannten Tangentialverbindung Ost, kurz TVO – eine vierspurige Straße, die Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf mit Treptow-Köpenick verbinden soll und kleine Wohnstraßen vom Verkehr entlasten soll. Dafür müssen allerdings rund 15 Hektar Wald gefällt werden.

„Dank der Wuhlheide bin ich nicht in Beton aufgewachsen“, sagt Ricky, pinke Haare, schwarze Kapuzenjacke und rosa Mundschutz, am Montagmittag. Die Besetzer:innen haben zur Pressekonferenz eingeladen. Ricky ist in der Nähe aufgewachsen, hat hier ihre Kindheit verbracht, war mit der Oma im Wald spazieren, ist mit den Eltern mit dem Rad durchgefahren, um zum Badesee zu fahren. Sie habe erst am Samstagmorgen von der Besetzung gehört und sei sofort hingefahren. „Dies ist der Ort meiner Kindheit“ – und der dürfe nicht zerstört werden.

TVO mit futuristischer Fahrradbrücke.
TVO mit futuristischer Fahrradbrücke.

© Foto: promo

Die Planungen für die TVO begannen bereits 1969. Der mittlere Abschnitt wurde bis jetzt nicht gebaut. Aktuell läuft das Planfeststellungsverfahren, verbindlich entschieden ist der Bau damit noch nicht. Daher sehen die Besetzer:innen eine Chance, ihn noch zu verhindern.

„Wir bleiben, solange wir können“, sagt Sol, ebenfalls mit Mundschutz und schwarzer Kapuze. Die Aktivist:innen wollen anonym bleiben und nennen daher auch nicht ihre richtigen Namen. Das „Können“ hängt unter anderem von den Berliner Forsten ab, denen der Wald gehört. Mit Vertreter:innen soll es am Montagabend ein Treffen geben, das bestätigt auch die Senatsverwaltung für Umwelt. Eine Räumung am Dienstag, mit der die Aktivist:innen rechnen, will eine Sprecherin nicht bestätigen.

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Wie die Besetzer:innen reagieren, wenn geräumt werden sollte? „Ich werde passiv Widerstand leisten“, kündigt Kiefer an, mit bunter Jacke und schwarzer Maske mit Öhrchen. Auf seiner Brust prangt ein Maulwurf-Aufnäher, der als Maskottchen auch auf den „Wuhli bleibt“-Aufklebern der Aktion abgebildet ist. Ein Stoff-Maulwurf sitzt auf dem Tisch.

Ob die Baumhäuser in der Wuhlheide bleiben, hängt nicht zuletzt von den Berliner Forsten ab.
Ob die Baumhäuser in der Wuhlheide bleiben, hängt nicht zuletzt von den Berliner Forsten ab.

© Christian Mang/CHRISTIAN MANG

„Der Maulwurf hat schon gesagt, dass er einen Tunnel bauen wird“, sagt Kiefer und bezieht sich damit auf die Proteste Anfang des Jahres in Lützerath, wo Aktivist:innen ein Dorf vor dem Abbaggern retten wollten, um einen Tagebau zu verhindern. Dort hatten sich zwei Personen in einen Tunnel eingegraben und so die Räumung verzögert.

Die Besetzer:innen hoffen, dass sich ihnen weitere Menschen anschließen werden. „Die Trasse soll 6,5 Kilometer lang werden“, sagt Kiefer – und entlang dieser Strecke sollen Baumhäuser entstehen. „Wir wollen die Straße verhindern, und das werden wir auch tun.“

Ihnen sei bewusst, dass Menschen unter dem Verkehr vor ihrer Haustüre litten, sagen die Aktivist:innen. Doch dafür solle nicht eine weitere Straße gebaut werden – mehr Straßen heißt auch mehr Verkehr, hätten Studien ergeben –, sondern der ÖPNV ausgebaut werden.

Nach jahrelangem Stillstand war unter Rot-Grün-Rot wieder Schwung in die Debatte um den Ausbau der TVO gekommen. Im Koalitionsvertrag war festgelegt worden, dass neben der Straßen- auch eine Schienen-Tangente ausgebaut werden und ein Radschnellweg kommen solle. Im aktuellen Koalitionsvertrag von Schwarz-Rot kommen Schienen- und Rad-TVO nun nicht mehr vor.

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