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Unterwegs mit der Wasserschutzpolizei in Berlin: Diese Streife ist blau

Die Polizei ist in Berlin auch auf dem Wasser unterwegs – am Tag und in der Nacht. Sie sperren die Flüsse bei Staatsbesuchen, kontrollieren Schiffe und verteilen Knöllchen. Wir sind mitgefahren.

Im Westhafen zeigt Polizeioberkommissar Andreas Nienkemper auf eine rostige Spundwand. Grasbüschel wuchern auf der Oberkante. Es ist das Ufer der Geldschrankknacker, nachts eine total einsame Ecke. „Da haben Einbrecher schon öfter aufgeschweißte Stahlschränke ins Wasser geworfen“, erzählt er. Polizeitaucher holten sie wieder raus. Mit 10 Kilometer pro Stunde pflügt die „Pelikan“ durchs Hafenbecken. Die Deutschlandflagge flattert am Heck, der Berliner Bär am Mast. Gischt spritzt auf die Bordwand, das Deck vibriert, zwei 126 PS-Dieselmotore drehen sich im Bauch des Polizeibootes. „Die ,Pelikan’ schippert auf Streife über die Stadtspree, durch Kanäle und Hafenanlagen. Nienkemper blickt durchs Fernglas. Weit vorne hievt ein Kran Container in einen Binnenfrachter. Der heißt Pauline. „Den haben wir auf technische Mängel kontrolliert“, sagt er. „War alles okay.“

Kaum jemand kennt Berlins innerstädtische Wasserseite so gut wie die 37 Beamten der Wache Mitte der Wasserschutzpolizei (WSP). Rund um die Uhr ist jeweils eines ihrer vier Boote mit drei Beamten an Bord unterwegs. Selbst die düsteren Ufernischen unter den Brücken behalten sie im Blick, wo sie in Winternächten manchmal Obdachlose vor dem Erfrieren retten oder an Sommerabenden ausgerissene Jugendliche auftreiben, die dort campieren. Ihrem Wasserrevier sind sie so nah wie die Polizei zu Lande ihrem Kiez. Doch glitzert die Sonne auf der Spree, wenn ihr Boot vorbeizieht, dann beneidet so mancher Beamte im Streifenwagen schon mal die maritimen Kollegen.

Treffpunkt neun Uhr früh am Neuen Ufer 1 in Moabit. Das Wache der WSP Mitte steht auf der Landzunge zwischen Spree und Charlottenburger Verbindungskanal. Schiffsanker dekorieren den Rasen. Bilder mit Dreimastern auf See schmücken im Inneren die Wände. Auf den Schulterstücken der Beamten zeigen hier keine Sterne den Dienstrang an, sondern Streifen wie bei der Marine.

Hauptkommissar Jan Kowiak spricht an diesem Morgen in der Zentrale in Telefone, Funkgeräte, nichts soll dem Diensthabenden entgehen, was im Revier der WSP Mitte zu regeln ist. Dazu gehören die Spree zwischen Oberbaumbrücke am Osthafen und Schleuse Charlottenburg, der Landwehrkanal und der Bereich des Westhafens. Wenn Kowiak mit den Kollegen draußen an Bord redet, lotst er sie nicht zu Einbahnstraßen, Tempo-30-Zonen, sondern zu Berg, zu Tal oder zu Flusskilometer 14,3.

Nun aber los. Die Besatzung der „Pelikan“, adrett in blütenweißen Hemden und dunkelblauen Hosen, zieht die weißen WSP-Mützen mit der Goldkordel über dem Schirm auf. Patricia Schier (40), Sandra Grunow (35) und Andreas Nienkemper (46) laufen zum Streifenboot am Steg. 1984 gebaut, schnittiger Alurumpf, 13 Meter lang, Sirene und Blaulicht am Dach. Schier lässt die Motoren an, dreht mit Schwung das Steuerrad. Die „Pelikan“ schiebt sich zum Spreekreuz, Kurs: Regierungsviertel.

Gleich an der ersten Spreeschleife deutet die Kommissarin auf eine Baustelle. Die Uferwand wird erneuert. Dort fanden Arbeiter Weltkriegsgranaten im Wasser, die WSP sperrte den Fluss, bis die Munition entschärft war. Mit Martinshorn sind sie auch unterwegs, wenn Staatsgäste im Korso die Brücken überqueren und die Schiffe zur Sicherheit kurz gestoppt werden. Als US-Präsident Barack Obama im Schloss Bellevue und im Bundeskanzleramt empfangen wurde, bewachten sie mit vier Booten die Wasserseiten beider Gebäude und sperrten dort stundenlang die Stadtspree.

Ein Schwarm Sportboote und Passagierdampfer kommt der „Pelikan“ am Humboldthafen entgegen, ein Saxophonist spielt auf der Kronprinzenbrücke, Kitakinder winken den Polizisten zu. „Berlin am Wasser, herrlich“, schwärmt Oberkommissar Nienkemper. Hier behält er jetzt besonders die Freizeitskipper mit ihren Hausbooten im Blick. Die dürfen seit 2012 auf der Stadtspree zwischen Mühlendammschleuse und der Moabiter Lessingbrücke von 9 bis 19 Uhr nur fahren, wenn sie am Funksprechverkehr teilnehmen können. Auf der Spree ist es durch die vielen Schiffe und Baustellen derart eng, dass sich Steuerleute absprechen müssen, bevor sie um die nächste Kurve rauschen. Hausbootkapitäne versuchten sich hin und wieder durchzumogeln, sagt Nienkemper. Erwischt er einen, sind 35 Euro fällig – eine milde Buße, so mancher hat sie für das Abenteuer Stadtspree schon mal einkalkuliert.

Die „Pelikan“ macht am Anleger für Sportboote am Schiffbauer Damm fest. Zwei Rentnerpaare trinken auf ihrer Motorjacht Kaffee. Sie schippern von Werder/Havel nach Berlin und zurück. Das WSP-Team tippt an die Mützen. „Guten Tag, bitte den Bootsführerschein und die Funkpapiere.“ Die sind griffbereit. Man plaudert. Die Skipper erzählen, „wie toll es ist“, nachts vom schaukelnden Heim aus die Lichter der Großstadt zu erleben.

Wenn die WSP ihre Pflichten aufzählt, von Anglerkontrolle bis Wasserverunreinigung, klingt vieles ähnlich wie bei den Kollegen an Land. Aber das Drumherum ist schöner. Statt Lkws überprüfen sie Passagierschiffe und Frachter auf technische Sicherheit. Doch im Gegensatz zu den häufigen Mängeln bei Lastern und Bussen, gebe es bei den Reedereien weniger zu monieren, sagen sie. Auch Alkohol- und Tempokontrollen gehören zum Job, aber öfter im Bereich der anderen WSP-Wachen an Havel, östlicher Spree und Müggelsee. Dort sind mehr Motorboote unterwegs, deren Fahrer eher mal über die Stränge schlagen. Für sie gelten wie auf der Straße 0,5 Promille, bei mehr Alkohol im Blut sind Bußgelder fällig, ab 1,1 Promille ein Strafverfahren. Und maximal ist auf einigen Flussstrecken in der Mitte der Fahrrinne Tempo 25 erlaubt. Die Ufer sollen vor Wellenschlag geschützt werden. 6 km/h zu viel kosten 200 Euro Buße. Mit Laserpistole postieren sich die WSPler am Ufer. Rasern schneidet ihr Boot mit Blaulicht den Weg ab.

Die „Pelikan“ dreht in Mitte, kurvt nun durch den Schifffahrtskanal zum Westhafen. Patricia Schier schiebt den Motorhebel vor. Aber mehr als 15 km/h darf sie nicht fahren, auch nicht, wenn’s eilt. Die Heckwelle würde über die Ufer schlagen. Deshalb kooperiert die WSP mit den Kollegen an Land. Fühlen sich Uferanwohner beispielsweise durch Partys auf Ausflugsdampfern gestört, die am Anleger lautstark weitergehen, dann saust eine Streife los. Patricia Schier nimmt’s sportlich. „Die sind halt schneller.“

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