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Hohes Tier. Bernhard Blaszkiewitz, Chef von Zoo und Tierpark.

© dpa

Sexismus-Vorwürfe: Direktor von Zoo und Tierpark bleibt im Amt

Der Chef von Zoo und Tierpark, Bernhard Blaszkiewitz, bleibt vorerst im Amt. Politiker aller Parteien legen ihm den Rücktritt nahe, eine Anwaltskanzlei prüft die Vorwürfe gegen ihn. In der Kritik steht er aber schon länger.

Bernhard Blaszkiewitz bleibt vorerst im Amt – doch die Kritik an ihm wird schärfer. Zum Ergebnis der Krisensitzung, zu der das Aufsichtsratspräsidium der Zoo AG am Montag zusammengekommen war, gehört, dass eine Anwaltskanzlei die Vorwürfe von Mitarbeitern gegen den Direktor von Zoo und Tierpark klären soll. Zudem hat das Präsidium beschlossen, dass eine Stelle für Gleichstellung im Betrieb geschaffen wird. Auch sollen sich die Beschäftigten an einen externen Vertrauensanwalt wenden können. Dies teilte der Vorsitzende des Aufsichtsrates, Frank Bruckmann, am Abend mit. Blaszkiewitz werde sich am heutigen Dienstag „schriftlich an die Belegschaft wenden“.
Aktuell hatte es, wie berichtet, Kritik gegeben, weil er in der Anrede, beziehungsweise Bezeichnung von Mitarbeiterinnen, in einer Aktennotiz die Ziffern „0,1“ wählte. Diese Bezeichnung bedeutet „ein Weibchen“ – und wurde als frauenfeindlich kritisiert. Zudem verärgerte sein Auftreten in einer Betriebsversammlung am Mittwoch. Dazu hieß es bei der Gewerkschaft Verdi auf Nachfrage, eine „nicht wertschätzende, herablassende Art“ Blaszkiewitz’ gegenüber dem Betriebsrat sei aufgefallen. Der Direktor habe auch gesagt, ungläubige Menschen hätten Weihnachtsgeld nicht verdient. Blaszkiewitz hat eine solche Äußerung gegenüber dem Tagesspiegel bestritten. Die Verdi-Vorsitzende Susanne Stumpenhusen sagte der Agentur dpa, tarifliche Leistungen seien unabhängig von der Einstellung zur Religion zu zahlen.

Der Zoo hat derzeit 228 Beschäftigte und 18 Auszubildende, der Tierpark 192 Mitarbeiter und 15 Lehrlinge. Auch bei ihnen sei „Blaszkiewitz für seinen autoritären Führungsstil hinlänglich bekannt, der nicht zeitgemäß ist“, kritisierte der tierschutzpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Alexander Herrmann. Schon 1992 hatte Blaszkiewitz als Tierparkchef angekündigt, „alle kommunistischen Überbleibsel auszumerzen“. Das tragen die Beschäftigten ihm noch heute nach.

Herrmann sagte weiter, er halte Blaszkiewitz „für untragbar. Es ist auch mit Blick auf Verfehlungen des Zoodirektors in der Vergangenheit an der Zeit, personelle Konsequenzen zu ziehen, auch um Schaden von Zoo und Tierpark abzuwenden.“

Simon Kowalewski, frauen- und tierschutzpolitischer Sprecher der Piratenfraktion, forderte, „Zoo und Tierpark im Interesse der Öffentlichkeit, der Mitarbeiterinnen und des Landes Berlin dringend zu reformieren. Blaszkiewitz steht auf der Bremse der Modernisierung.“ Der Tierschutzexperte der SPD-Fraktion, Daniel Buchholz, sagte, „wir kennen ja schon einige Marotten von Herrn Blaszkiewitz, aber dieser „0,1“-Blödsinn hat auf geschäftlichen Unterlagen nichts zu suchen“. Die Vorwürfe seien so schwerwiegend, dass es „nicht mit business as usual weitergehen kann“. Die Grünen foderten eine konzeptionelle Fachaufsicht im Senat, so wie in anderen Städten.

Immer wieder gab es Diskussionen um nicht zeitgemäßes Management

Dass nun die Debatte um die „0,1“-Bezeichnung so hochkocht, ist mit der Vergangenheit zu erklären: Immer wieder hat es Diskussionen etwa um Tierzüchtung und -transporte sowie um nicht zeitgemäßes Zoomanagement gegeben. Blaszkiewitz’ war und ist es immer wichtig, die Tiere mit einem naturwissenschaftlichen Anspruch wie 1844 zu präsentieren – da wurde der Zoo eröffnet.

Der Direktor der besucherstärksten Freizeiteinrichtungen Berlins wird zwar unter Zooexperten für seinen artenreichsten Zoo der Welt gelobt. Doch Politiker, Stadtvermarkter, Tierschützer und auch viele Stammbesucher bezweifeln immer wieder, dass Blaskiewitz als Traditionalist die richtige Führungsperson an der Spitze der Einrichtungen ist, die das Image Berlins prägen.

Ihren Höhepunkt hatte die Kritik am Direktor, als sein Zoo dank des handaufgezogenen Eisbären-„Stars“ Knut international bekannt wurde und Millionengewinne verbuchte. Blaszkiewitz war der Medienhype um Knut suspekt, ihn nervte der Rummel. Politiker aller Parteien und auch Berlins Tourismuswerber beklagten, er würde das Interesse nicht – auch in seinem Sinne – ausnutzen. Das Angebot eines Mobilfunkunternehmens, dem Publikumsmagneten ein Gehege zu bauen, schlug er aus. Den Anblick des – später früh verstorbenen – Knuts in seinem letzten Gehege, auf der Flucht vor ihn attackierenden Weibchen, konnten viele Besucher nicht ertragen. Ein Projekt für ein modernes Besucherleitsystem in Kooperation mit einer Universität scheiterte. Der Chef wollte keine Sponsorenauftritte. Computerbildschirm-Infos, wie international üblich, lehnt er ab, weil sie die Aufmerksamkeit vom Tier ablenken. Noch heute ist im Zoo, den viele Touristen besuchen, alles nur auf Deutsch ausgeschildert. Angaben etwa zu bedrohtem Lebensraum sind kaum zu finden. Während der Zoo keine Zuschüsse vom Land mehr bekommt, überweist die Finanzverwaltung 2013 rund 6,27 Millionen an den Tierpark, 200 000 Euro davon für die Umsetzung eines „Masterplans“. Doch die Abenteuer- und Familienangebote lassen auf sich warten, 80 Millionen Euro für Investitionen sind nicht in Sicht. Und bei der Sanierung des Brehm-Hauses mit EU-Geldern müssen nun sogar 126 000 Euro wegen Verfahrensfehlern zurückgezahlt werden. Auch die Tierhaltung selbst wird kritisch gesehen. Der Zoochef verpaare Geschwistertiere, sagt Grünen-Tierschützerin Claudia Hämmerling, sie kritisiert „Inzest“. Löwengeschwister zeugen Nachwuchs, der Giraffen-„Großvater“ besteigt „Tochter“ und „Enkelin“. Der Direktor sagt, so etwas sei in der Natur üblich. Kritik von den Tierexperten aller Fraktionen gab es immer wieder an nicht transparenten Tiertransporten und an fehlendem „Enrichtment“, Beschäftigung der Tiere. Im Abgeordnetenhaus musste Blaszkiewitz einst zu den Katzenbabys aussagen, denen er das Genick brach. Lange Zeit angekettete Elefanten im Tierpark erregten die Gemüter; Blaszkiewitz feiert aber auch große Zuchterfolge.

4,2 Eisbären: Was das genau bedeutet

Wenn Zooleute unter sich sind, ist es normal, dass sie sagen: „Wir haben 7,5 Azubis.“ Die Stelle vorm Komma steht eigentlich für Männchen, die dahinter für Weibchen. Doch die Fachsprache aus Zuchtbüchern hat sich verselbstständigt. Ziffern werden als Kürzel in kladdenartigen Mitschriften benutzt, aber nicht, wenn es im offiziellen Schriftverkehr um Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen geht. Mal werde auch gescherzt: „0,0,1“ – das steht für ein Jungtier mit noch ungeklärtem Geschlecht.

Wer das Sagen hat im Zoo

Der Aufsichtsrat der Gemeinnützigen Aktiengesellschaft Zoologischer Garten ist auch für die Belange des Tierparks zuständig, da dieser zu 100 Prozent zum Zoo gehört. Das Gremium muss die Geschäftsführung überwachen, bestellt und entlässt den Vorstand und muss bei der Einstellung von Prokuristen sowie bei Immobiliengeschäften zustimmen. Der Aufsichtsrat hat zwölf Mitglieder. Acht werden bei den jährlichen Hauptversammlungen von den 3500 Aktionären für drei Jahre gewählt. Das Land Berlin und der Betriebsrat entsenden je zwei weitere Mitglieder. Dem Land steht dieses Recht zu, weil es den Zoo bezuschusst.

Im Aufsichtsrat sitzen vor allem viele Finanzexperten. Gleich acht der zwölf Mitglieder kommen aus der Wirtschaft: Dazu gehören der Vorsitzende Frank Bruckmann (Finanzvorstand der Wasserbetriebe) sowie dessen Stellvertreter Horst Grysczyk (Ex-Präsident des Rechnungshofes) und die Referentin der Senatsfinanzverwaltung Aurica Jäckel. Außerdem Bernd Balzereit (Ex-Vorstandsmitglied der Energie Baden-Württemberg AG), Holger Hatje (Vorstandschef Berliner Volksbank); Horst-Achim Kern (Chef der Projektentwicklung, Handel und Consulting GmbH Berlin); Ulrich Preuss (Ex-Präsident der Bundesbank-Hauptverwaltung Berlin) und Theodor M. Strauch (Chef Public Consult Gesellschaft). Zoologischen und gärtnerischen Sachverstand bringen hingegen der Chef der Tierklinik der Freien Universität (FU), Professor Leo Brunnberg, die Tierpfleger Christian Toll und Norbert Zahmel sowie Landschaftsarchitekt Professor Klaus Neumann ein. (mit CS)

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