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DPolG stützt GdP-Mehrheit: Ungewöhnliches Personal-Bündnis bei der Berliner Polizei

Machtverschiebung im Personalrat der Polizei Berlin: Die konservative Polizeigewerkschaft koaliert nun mit der Gewerkschaft der Polizei. Eigentlich ein No-Go.

ama

Die Personalratswahlen bei der Polizei Berlin haben zu neuen Machtverhältnissen geführt. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) führt nach einem vierjährigen Intermezzo wieder den Gesamtpersonalrat an. Die GdP ist trotz Verlusten mit etwas mehr als 40 Prozent stärkste Kraft.

Als Mehrheitsbeschafferin im Gesamtpersonalrat diente der GdP die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). Bei letzterer ist die Unruhe deshalb groß, von einem Alleingang von DPolG-Landeschef Bodo Pfalzgraf ist die Rede, der wegen seiner früheren Mitgliedschaft bei den Republikanern und in einer rechtsextremenen Tarnorganisation umstritten ist.

DPolG-Bundeschef Rainer Wendt war dem Vernehmen nach nicht eingebunden und soll höchst unzufrieden mit der Entscheidung sein. In der DPolG rumort es jetzt.

Der Grund: Für die konservative DPolG ist eine Zusammenarbeit mit der GdP eigentlich ein „No-Go“, wie es ein Beamter nennt. Die GdP ist beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) organisiert, die DPolG beim Beamtenbund (DBB) – beide sind sich eigentlich spinnefeind.

In der abgelaufenen Wahlperiode hatte sich die DPolG in einem Bündnis mit dem Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) und unter Führung des Berufsverbands „Unabhängige“ daran gemacht, die jahrzehntelange Vormachtstellung der GdP zu brechen. Nun entschied sich Pfalzgraf plötzlich um. Und er behält im Bündnis mit der GdP seine Freistellung für den Gesamtpersonalrat. BDK-Landeschef Daniel Kretzschmar sprach ironisch von einer spannenden Allianz.

Bodo Pfalzgraf, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).
Bodo Pfalzgraf, Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG).

© Bernd von Jutrczenka/dpa

Kurz vor der Entscheidung am vergangenen Donnerstag teilte der DPolG-Landesverband noch mit: „Da darf es keine Denkblockaden geben, denn unsere Ziele stehen im Mittelpunkt. Uns geht es nicht um Pöstchen und Freistellungen, sondern um Inhalte.“

DPolG will trotz Bündnis mit GdP konservativ bleiben

Nach der Entscheidung erklärte Pfalzgraf zum Bündnis mit der GdP: „Das ist keine Liebesheirat, sondern ein Zweckbündnis auf Zeit in bewegten Zeiten.“ Und. „Wir werden unsere konservative Linie damit nicht aufgeben, sondern einbringen.“

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Die „maximale Mehrheit“, von der Pfalzgraf spricht, wäre jedoch realistisch nur das Bündnis mit „Unabhängigen“ und BDK gewesen, da die Unabhängigen das größte mögliche Bündnis mit der GdP kategorisch ausgeschlossen hatten. Die „Unabhängigen“ hatten ihren Stimmenanteil bei den Beamten auf 25 Prozent, bei den Arbeitnehmern sogar vor den beiden anderen Gewerkschaften auf 41 Prozent ausgebaut. Der Berufsverband hat sich zwischen den Gewerkschaften in Berlin etabliert und ist nun auch in anderen Bundesländern aktiv.

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Und auch die DPolG hat etwas geschafft, was zuvor undenkbar erschien. In der Direktion 4 (Steglitz-Zehlendorf, Tempelhof-Schöneberg, Südneukölln) hat die Gewerkschaft die Vormachtstellung der GdP sogar gebrochen und die absolute Mehrheit geholt – ein Überraschungssieg. Trotz des Erfolgs gegen die GdP setzte Pfalzgraf im Gesamtpersonalrat auf ein Bündnis mit den Kontrahenten.

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Inzwischen hat der Berliner DPolG-Chef intern erklärt, 2021 für die Wahl des stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Gewerkschaft zu kandidieren. Parallel macht eine SPD-Politikerin Wendt, der Mitglied von CDU und CSU ist, den Bundesvorsitz streitig. Die Bundestagsabgeordnete Kirsten Lühmann hat eine Kampfkandidatur angekündigt.

Pfalzgraf gehört offenbar zu diesem Personaltableau. Er wolle die „zukünftige Führungsspitze der DPolG in diesen bewegten Zeiten gern standortnah zur Bundesgeschäftsstelle unterstützen“, schrieb er dem Landesverband.

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Nur wie? Die Freistellung dient eigentlich dazu, dass er die Arbeit des Gesamtpersonalrats erledigt. Vor vier Jahren hatte Pfalzgraf das bundesweit einmalige Bündnis mit BDK und „Unabhängigen“ noch gefeiert – als Allianz, die „die Sehnsucht“ der Polizisten „nach Einigkeit und paritätischer Besetzung“ zeige. Pfalzgraf hatte von einem großartigen Sieg für die Demokratie gesprochen, es gehe um eine „völlig neue und transparente Personalratsarbeit“.

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Pfalzgraf war auch im vorherigen Gesamtpersonalrat Vorstandsmitglied. Als solcher hatte er es Anfang 2017 auch mitgetragen, gegen ein GdP-Mitglied vorzugehen, das damals und heute im Gesamtpersonalrat ist, dort gerade sogar in den Vorstand gewählt wurde.

Der GdP-Mann soll im Sommer 2017 Interna aus einer Sitzung durchgestochen und damit seine Verschwiegenheitspflicht verletzt haben. In einer Mitteilung hatte die GdP-Bezirksgruppe der Direktion 4 eine Entscheidung des Gesamtpersonalrats publik gemacht und ihr Mitglied zitiert.

Das heute 52-jährige Mitglied des Gesamtpersonalrat hatte in der GdP-Mitteilung dem Bündnis aus „Unabhängigen“, DPolG und BDK im Streit um eine Dienstvereinbarung zur Arbeitszeit einen Kuschelkurs mit der Behördenleitung vorgeworfen.

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Die Staatsanwaltschaft erließ im Sommer 2020 einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 1500 Euro, genau 25 Tagessätze zu 60 Euro. Der GdP-Mann legte Widerspruch ein, am Montag verhandelte das Amtsgericht Tiergarten die Anklage wegen Geheimnisverrats.

Das Landeskriminalamt ermittelte erst gar nicht

Das Gericht rügte, dass das für Polizeidelikte zuständige Fachkommissariat beim Landeskriminalamt gar nicht erst ermittelt hatte. Die Staatsanwaltschaft hatte das Verfahren dann eingestellt, nach einer Beschwerde des Gesamtpersonalrats im Klageerzwingungsverfahren wurde es wieder aufgenommen.

Wie umfangreich die Tatbeteiligung des GdP-Mannes beim Geheimnisverrat war, ließ sich nicht mehr aufklären. Zwar stand er in der Mitteilung der GdP, doch ob möglicherweise andere Mitglieder des Gesamtpersonalrats der GdP in den Geheimnisverrat verstrickt waren, war gar nicht erst ermittelt worden - und konnte vor Gericht nicht mehr geklärt werden.

Das Gericht geht von einer Schuld des GdP-Mitglieds im Gesamtpersonalrat aus, stellte das Verfahren dann jedoch wegen Geringfügigkeit ein. Was bisher in den Ermittlungen unterblieben war, ließ sich nicht mehr aufklären, weitere Zeugen hätten geladen werden müssen.

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