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Berlin: Drama im Forum-Hotel: Rettungstreppe wurde zur Todesfalle

Es muss wie in einem Albtraum gewesen sein. Ein 69-jähriger Gast des Forum-Hotels am Alex ist in der Nacht zum Sonnabend möglicherweise stundenlang durchs Fluchttreppenhaus des 37 Stockwerke hohen Gebäudes geirrt, bis er an Herzversagen starb.

Es muss wie in einem Albtraum gewesen sein. Ein 69-jähriger Gast des Forum-Hotels am Alex ist in der Nacht zum Sonnabend möglicherweise stundenlang durchs Fluchttreppenhaus des 37 Stockwerke hohen Gebäudes geirrt, bis er an Herzversagen starb. Offenbar fand er keinen Ausweg und konnte sich nicht bemerkbar machen. 14 Stunden lang wurde der Brasilianer vermisst, dann fand man ihn tot auf den Stiegen. Feuerwehr-Chef Albrecht Broemme sprach sich nach dem Vorfall für eine bessere Kennzeichnung der Fluchtwege auf Feuertreppen aus.

142 Meter hoch ragt das Forum-Hotel am Alex in den Himmel. Wer in oberen Etagen unterkommt, kann sich im Falle eines Feuers über ein Fluchttreppenhaus retten, das absoluten Schutz vor Qualm und Flammen bietet. Solche baulich besonders gestalteten Treppenhäuser sind in allen Gebäuden ab 22 Metern Höhe vorgeschrieben.

Gehören sie zu Hotels, Kaufhäusern oder anderen öffentlichen Hochhäusern, so sind sie in der Regel eine Einbahnstraße. Wer sie betreten hat, findet nur einen einzigen Ausgang im Erdgeschoss, der laut Bauordnung direkt ins Freie führen muss. Alle anderen Türen auf den einzelnen Etagen lassen sich zwar vom jeweiligen Flur des Gebäudes aus durch einen Druck auf den Knauf leicht öffnen, sind aber in der Gegenrichtung verschlossen. Das hat zweierlei Gründe: Man will Flüchtende daran hindern, auf anderen Etagen wieder zurück ins Feuer zu rennen. Außerdem sollen Diebe und Einbrecher die einsamen Treppenhäuser nicht als Schleichwege nutzen. Dem brasilianischen Touristen im Forum-Hotel wurde diese Vorsorge aber nun allem Anschein nach zum Verhängnis.

Nach ersten Erkenntnissen erwischte er auf dem Flur im 23. Stock die falsche Tür und fand sich auf der Feuertreppe wieder, die im Forum-Hotel zwei Ausgänge hat: Die Pforte im Parterre sowie einen Durchgang ganz oben zum Casino. In heller Aufregung rannte er vermutlich im Mittelteil der Stiegen auf und ab, rüttelte an Klinken und erlitt dabei den Kollaps. Möglicherweise traute er sich auch nicht, ganz hinabzusteigen, hätte er doch nach einem vergeblichen Versuch wieder den Aufstieg schaffen müssen.

Ob es auf jeder Etage Hinweisschilder gibt, die zum unteren Notausgang verweisen, war im Forum-Hotel gestern nicht zu erfahren. Die Feuerwehr habe vor einem halben Jahr alles abgenommen, hieß es. Ansonsten Infosperre. "Wir sagen nichts."

Auf Hinweisschilder achtet die Feuerwehr aber gar nicht, wenn sie Fluchttreppenhäuser kontrolliert. Geprüft wird nur, was die Bauordnung vorschreibt: "Wir schauen nach, dass alle Zugangstüren auf den Etagen, die Stiegen selbst sowie der untere Ausgang nicht mit Gerümpel zugestellt sind", sagt Landesbranddirektor Albrecht Broemme. Außerdem müssten die Wege im Gebäude bis zu den Fluchttreppen gut ausgewiesen sein. Ob ein Gast danach weitere Schilder vorfinde, hänge von den Inhabern des Gebäudes ab. Sie können auch entscheiden, ob sie die Türen des Treppenhauses von Innen verschließen oder offen lassen.

Nur wenige Berliner Hotels wie das Estrel oder Interconti haben sich nach Recherchen des Tagesspiegels für offene Türen entschieden. Geschichten von umherirrenden Menschen in Hotel-Treppenhäusern seien bekannt, hieß es im Interconti. Man habe die Vor- und Nachteile abgewogen und wolle den eigenen Gästen Schocks ersparen.

Wie auch immer: Aus Sicht des Feuerwehrchefs müssten zumindest Pfeile zum unteren Ausgang verweisen. Das sei oft nicht der Fall. "Hilfreich wären auch Gegensprechanlagen auf jeder zweiten Etage", sagt Broemme. Auf diese Weise hätte der Brasilianer den Empfang alarmieren können.

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