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Ehec-Fälle in Berlin: Krankenbesuch bei einer Kreuzbergerin mit HU-Syndrom

19 Ehec-Patienten werden in der Berliner Charité behandelt. Eine Kreuzbergerin leidet an einer schweren Komplikation, dem hämolytisch-urämischen Syndrom. Ein Krankenbesuch im Virchow-Klinikum.

In den Augen der Patientin leuchtet ihr Lebensmut, aber im Moment geht es ihr nicht gut. Die schlanke Frau hat dunkle lange Locken, sie ist sehr blass, und sie hat überall Schläuche am Körper, im Arm und einen dicken am Hals. Das ist ein Shaldon-Katheter, mit dem man viel Blut auf einmal austauschen kann. Dass sie sich mit solchen Fachbegriffen einmal auseinandersetzen muss, hätte sich die gebürtige Österreicherin, die seit Anfang des Jahres in Kreuzberg wohnt, nicht träumen lassen. Die 40-Jährige leidet am hämolytisch-urämischen Syndrom (Hus), das zum Nierenversagen führen kann. Sie ist geschwächt, darf nur einen kurzen Besuch am Krankenbett empfangen. Ihr Name soll zu ihrem Schutz ungenannt bleiben.

In Berlin gab es am Donnerstag laut Senatsgesundheitsverwaltung 25 Berliner Patienten mit Ehec (vor drei Tagen: 21) sowie zwölf mit Hus oder Hus-Verdacht (9). Viele der Patienten aus Berlin, aber auch Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg und Brandenburg werden in den Kliniken der Charité behandelt, dort sind 19 Ehec-Patienten mit wässrigen oder blutigen Durchfällen und elf Hus-Patienten mit schweren Gefäßleiden und Nierenversagen in Behandlung. Hinter diesen Zahlen verbergen sich menschliche Schicksale, und eines ist das der jungen Frau mit den dichten Locken.

„Ich achte auf gute Ernährung“, sagt sie, während eine Krankenschwester sie an das Plasmaseparationsgerät anschließt. Damit wird ihr Bluteiweiß ausgetauscht, damit der Körper wieder in Ordnung kommt. Haben Sie rohes Fleisch gegessen? „Nein, ich esse beispielsweise gar kein Rind“, sagt die 40-Jährige. Sie ist in Wien geboren, aber lebt schon länger in Deutschland. Nach Berlin kam sie auch der Arbeit wegen. „Ich betreue Bauprojekte von Luxuswohnhäusern, das macht mir großen Spaß“, sagt sie.

Im Moment kommen die Tränen leicht. Diese blöde Krankheit, völlig unverhofft. Die Fragen vom Gesundheitsamt. Auch sie war wie so viele der Berliner Patienten zuvor an der See. Anfang Mai, vier Tage auf dem Darß. Die Inkubationszeit beträgt bei Ehec drei bis vier Tage, längstens neun. Was haben Sie am Meer gegessen? „Viele Grapefruits, aber die habe ich alle geschält. Fisch, aber gebraten. Tofu, Gemüse.“ Dann habe sie sich plötzlich so matt gefühlt. Man weiß ja noch nicht, woher der Darmkeim kommt. Seit dem 21. Mai liegt sie im Krankenhaus, draußen scheint die Sonne, genießen andere das lange Himmelfahrts-Wochenende. Nicht die Kreuzbergerin, sie wird jetzt jeden Tag an diese Maschine angeschlossen, nur am Mittwoch war mal ein Tag Pause zwischendurch. „Aber ich fühle mich hier sehr gut aufgehoben, es sind alle sehr nett.“

Den Urlaub an der Ost-Ostsee wird sie dennoch nicht in guter Erinnerung behalten, sie scheint sich den Erreger ja dort eingefangen zu haben. „Aber ich war mit meinem Freund da, der hat genau das Gleiche gegessen wie ich, aber er hat nichts bekommen.“ Zum Glück. Jetzt kommt er seine Freundin täglich mehrmals besuchen. „Ich ernähre mich eigentlich sehr gesund“, sagt sie und lächelt jetzt, „und ich trinke auch gerne mal einen schönen Rotwein.“

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