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Ehemaliger Flughafen: Tempelhof: viele Pläne, wenig Geld

Abgeordnete diskutieren mit Stadtentwicklungssenator Müller die Pläne für den ehemaligen Flughafen. Dabei wird klar, wie viel Wünschen und wollen bei der Planung im Spiel ist. Doch gleichzeitig fehlt es an Geld.

Altbauten sind zugig und kalt – und die Sanierung kostet. Der Flughafen Tempelhof ist so ein Altbau. Davon konnten sich Stadtentwicklungssenator Michael Müller (SPD) und Mitglieder des Ausschusses für Stadtentwicklung am Mittwoch persönlich überzeugen. Das Gremium trat in einem schlecht geheizten Büroraum des Airport-Gebäudes zusammen und war damit voll im Stoff: Die kostspielige Entwicklung der „Tempelhofer Freiheit“, die zu einer „Projektionsfläche“ für allerhand Pläne und Visionen geworden ist, wie es ein Abgeordneter formulierte.

Eine davon stammt vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit: Der Neubau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) für 270 Millionen Euro. Die ZLB kommt, versicherte Müller, auch wenn der erste Spatenstich noch nicht mit Sicherheit datiert werden kann. In den nächsten fünf Jahren, heißt es vage. Nicht einmal die genaue Lage dieser „Impulsinvestition“ steht genau fest, irgendwo am Südrand des Flughafengebäudes, wo ein „Wissenszentrum“ geplant ist.

Die ZLB läge dann nicht weit vom Alliierten-Museum entfernt, das von Zehlendorf herziehen soll. Flächen im Hangar 7, der an den „Kopfbau West“ anschließt, sind reserviert. Ein Neubau südlich davon sei aber auch möglich. „Der Bund entscheidet“, sagte Gerhard Steindorf, Chef der landeseigenen Firma Tempelhof Projekt, die das Gebiet entwickelt.

Steindorf musste sich auch des Eindrucks von Abgeordneten erwehren, dass sich die Entwickler nicht an Parlamentsbeschlüsse hielten: dass Solarzellen zur Stromerzeugung auf dem Dach des Altbaus montiert werden etwa. Denn das Dach soll begrünt werden zur Internationalen Gartenausstellung im Jahr 2017 auf dem Areal. Zudem wird die Anlage einer Terrasse erwogen, um Besuchern den Blick über den innerstädtischen Park zu erlauben. „Selbstverständlich“ bleibe aber Platz für Solarzellen, so Steindorf.

Das Beispiel zeigt, wie viel Wünschen und Wollen bei der Tempelhof-Planung im Spiel ist. Wie wenig Geld für die Verwirklichung von Visionen vorhanden ist, machte die Ausschusssitzung im Airport aber auch deutlich. Denn das Flughafendach muss überhaupt erst einmal saniert werden. Das geht aus Geldmangel aber nur „in Abschnitten“, sagt Steindorf. Auf 100 Millionen Euro summiert sich der „Sanierungsstau“ im ganzen Gebäude sogar. Und die Einnahmen aus der Vermietung des Areals an die Modemesse Bread and Butter oder an andere wie den Konzern Mercedes Benz reichen nicht mal aus, um die Betriebskosten von zwölf Millionen Euro im Jahr zu decken. Zurzeit zahlt das Land auch dafür drauf: jährlich zwei Millionen Euro.

Der Verkauf von Bauland für Wohnungen an der Neuköllner Oderstraße am Ostrand des Gebiets und im Süden am Autobahnring wird zwar Millionen in die Landeskassen spülen. Damit aber die Entwicklung der Tempelhofer Freiheit finanzieren zu wollen, nannte Steindorf ein „hohes, wenn nicht unerreichbares Ziel“. Zumal Senat und Abgeordnetenhaus den Airport ökologisch korrekt sanieren möchten. Sogar der kostspielige Einsatz von Geothermie ist erwünscht, also die Speicherung von Wärme im Erdinneren.

Die Berliner dagegen möchten auf der Tempelhofer Freiheit am liebsten „alles so lassen, wie es ist“, weiß Müller. Der Stadtentwicklungssenator bezieht deshalb nur vorsichtig Stellung. Die Erhaltung der Freifläche und der Parklandschaft nannte er „unstrittig“. Müller wies auch Gerüchte scharf zurück, wonach er alle Pläne auf den Prüfstand stellen wolle. Bestehende „Planungen und Überlegungen“ seien gut. Ob allerdings am Columbiadamm wirklich ein „Gesundheitszentrum“ entstehen müsse und ein Zentraler Omnibusbahnhof am südöstlichen Rand des Flugfeldes, das müsse man „kritisch hinterfragen“ dürfen. Lüscher widersprach wiederum Meldungen, wonach zehn Hektar mehr als die ursprünglich geplanten 60 Hektar mit Wohnungen und Gewerbeflächen bebaut werden. Das seien ältere Überlegungen, die man längst verworfen habe.

Auch nach dem Antritt des neuen Senators bleibt es also beim Bau von 480 Wohneinheiten im Bereich des Wissensquartiers nahe Tempelhofer Damm und von weiteren 1200 im Osten, am Neuköllner „Quartier Oderstraße“. Im Süden werden Gewerbeflächen erschlossen, die mit den bestehenden Betrieben an der Oberlandstraße durch eine neue Brücke über die S-Bahn-Trasse hinweg verbunden werden. Weil der Verkehr dort bereits viel Lärm und Feinstaub verursacht, seien die Flächen für Wohnungsbauten ungeeignet. Geplant ist dort auch ein neuer S-Bahnhof, der Besucher zur IGA befördern soll. Autoverkehr soll es auf dem Areal nicht geben.

Grün bleibt viel erhalten, 240 der bestehenden 380 Hektar. Wenn jedem Bewohner des angrenzenden Neuköllner Quartiers die berlintypischen zwei Quadratmeter Grün zugestanden würden, hätte allein dieser Kiez ein „Grünflächendefizit“ von 180 Hektar, errechneten die Planer. Dass der Bedarf groß ist, zeigen die aus Holzkisten und Planken zusammengezimmerten „Parzellen“ der Anlieger. Sie pflegen dort ihre Kräutergärten.

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