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Einnahmen aus beschlagnahmter Beute verdoppelt: Berlins Kampf gegen Banden und Clans zahlt sich aus
Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) setzt auf ein System „permanenter Nadelstiche“. Nicht nur die Justiz schöpft illegal erlangtes Vermögen ab. Auch die Ordnungsämter gehen jetzt härter vor.
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Der harte Kurs im Kampf gegen die organisierte Kriminalität mit mehr Personal und einer neuen Abteilung bei der Staatsanwaltschaft zahlt sich laut Justizsenatorin Felor Badenberg (CDU) aus. Die Einnahmen aus kriminellen Vermögen haben sich fast verdoppelt. 2023 flossen 4,9 Millionen Euro in den Justizhaushalt, 2024 fast neun Millionen Euro. Kurz vor Weihnachten kam eine Million Euro aus dem Verkauf beschlagnahmter Kryptowährung hinzu. Zum Vergleich: 2019 waren es insgesamt zwei Millionen Euro.
„Die Verfahren werden immer aufwendiger“, sagt Oberstaatsanwältin Marion Schwark, Chefin der Abteilung zur Vermögensabschöpfung. „Ich habe mehrere Verfahren, bei denen ich Immobilien in anderen Bundesändern einziehen will.“ Etwa in Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen, Niedersachsen und Brandenburg.
Vermehrt hätten Kriminelle in anderen EU-Ländern Konten oder Firmen für ihre Geschäfte. Das erschwere die Ermittlungen, sagt Schwark. Geld werde auch häufiger über das außereuropäische Ausland geschleust, oft aus dem Libanon, der Türkei und Westafrika. Das sei „fast schon Standard“.
Seit 2017 kann Vermögen aus kriminellen Geschäften per Gerichtsentscheid eingezogen werden. 2018 hatte die Staatsanwaltschaft 77 Immobilien von Angehörigen des berüchtigten Remmo-Clans beschlagnahmt. „Berlin hat sich damit eine Spitzenposition erarbeitet“, sagt Badenberg.
Ausgangspunkt war der Einbruch in eine Bank in Mariendorf 2014. Von den 10 Millionen Euro Beute und Einnahmen aus anderen Diebstählen und Drogengeschäften seit 2008 sollen sich zuvor mittellose Angehörige der arabischstämmigen Großfamilie mit Immobilien eingedeckt haben.
Ein Fall fürs Verfassungsgericht
Rechtskräftig sind erst zwei der 77 Fälle, darunter die geräumte Neuköllner Clan-Villa. Dazu steht aber eine Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichtes an, ob der Staat ohne bewiesene Straftat wie Geldwäsche Vermögen wegnehmen darf. Kritiker sprechen vom Strafrecht durch die Hintertür und Beweislastumkehr. Betroffene müsse die legale Herkunft des Geldes nachweisen.
Im Mai 2025 steht ein Mammutprozess zu 60 der 77 Immobilien an. „59 davon gehören einer Frau aus dem Libanon, Hausfrau und Mutter“, sagt Schwark. In weiteren sieben Fällen verlor und in acht Fällen gewann die Staatsanwaltschaft am Landgericht, das Kammergericht ist am Zug. Die Staatsanwaltschaft verwaltet Mieteinnahmen aus Mehrfamilienhäusern des Clans von mehreren 100.000 Euro pro Jahr. Die darf das Land behalten, wenn alles rechtskräftig ist.
Betroffene Clanmitglieder sollen vermehrt ins Späti-Gewerbe gewechselt sein, um „teillegale Einkünfte“ zu erzielen und Ermittlungen zu entgehen. Wegen des Aufwands bei Strafverfahren hatte Badenberg Mitte 2023 ein Modellprojekt gestartet: Die Ordnungsämter der Bezirke ziehen Einnahmen aus illegalen Geschäften mit Geldspielautomaten, E-Zigaretten und Lieferdiensten sofort ein. Berlin ist damit laut Badenberg Vorreiter. Bislang seien fünf Bescheide über 171.000 Euro rechtskräftig. Weitere Verfahren liefen, teils vor Gericht.
Die Senatorin spricht von einem System der „permanenten Nadelstiche“. Für einen illegalen Spielautomaten verhängten die Ordnungsämter bislang 500 Euro Bußgeld. Nun sollen sie den Umsatz – bis zu 100.000 Euro pro Jahr – sichern. „Das trifft die Organisierte Kriminalität ebenfalls ins Mark“, sagt Badenberg. Und es wirke dem Eindruck entgegen, die Behörden seien untätig. Besonders aktiv sind Treptow-Köpenick, Charlottenburg und Mitte. Badenberg zeigte sich zuversichtlich, dass 2025 alle Ordnungsämter mitmachen.
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