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Viele Leute zieht es nach Berlin.

© Christoph Soeder/dpa

Einwohnerstatistik des RBB: Der Ur-Berliner wird immer seltener

Woher stammen die Berliner wirklich? Bernd Matthies klickt sich durch eine aktuelle Untersuchung des RBB.

Heute basteln wir uns mal einen Ur-Berliner. Er ist selbstverständlich im Stadtgebiet geboren wie auch seine Eltern; die Groß- oder Urgroßeltern kamen aus Schlesien, um am Gründerzeitboom teilzuhaben. Seine selbstverständlichen Attribute: Schultheiss-Trinker, aber in Maßen, körperbetonte Tätigkeit. Hochgradig kritikfähig, dabei selbstbewusst: Mir kann keener. Außerdem: harter Zungenschlag, „ick sitze da und esse Klops“. Aber wird der Typ heute überhaupt noch hergestellt?

Eine Untersuchung von RBB und Statistikamt hat diesem Klischee nun soeben messbare Realität entgegenstellt, und das zum Stichtag 31.12.2017. Es ist demnach so, dass nur noch 47 Prozent der Berliner die Minimalanforderung erfüllen, die an einen echten Berliner gestellt wird: hier geboren zu sein. Nehmen wir die gebürtigen Brandenburger noch hinzu, die ja gewissermaßen zur Familie gehören, reicht es für eine knappe Mehrheit, denn das sind 5,4 Prozent dazu.

Brandenburg ist auch das Land, das die Ländertabelle anführt, gefolgt von NRW, Sachsen und Niedersachsen; ganz hinten liegen, ihrer Größe entsprechend, Hamburg, Bremen und das Saarland. Die alte Weisheit, dass eine halbe Generation Schwaben in Berlin lebe, lässt sich schon wegen der unpräzisen Grenzen Schwabens nicht erhärten; aus BaWü hätten wir aber knapp 75.000 Menschen da, Platz 8, zwei Prozent. Bei den einzelnen Städten liegt Hamburg deutlich vorn: 22.779 Berliner wurden dort geboren, 0,2 Prozent. Es folgen Dresden, Leipzig und Potsdam.

Das Datenmaterial verleitet zum virtuellen Flanieren

Ach, und nun das Thema Migration. 74,8 Prozent der Berliner stammen derzeit aus Deutschland, gut 2,7 Millionen. Es folgen Polen (3,7 Prozent), nicht ganz eindeutig zu definieren, weil darunter viele vor 1945 auf deutschem Staatsgebiet zur Welt kamen. In der Türkei Geborene machen 2,8 Prozent der Berliner Bevölkerung aus, dann kommen Russen, Syrer, Bulgaren, Italiener und US-Amerikaner. Für die Debatte über libanesische Großfamilien mag auch die Zahl der gebürtigen Libanesen interessant sein: Es sind 17.857, 0,5 Prozent der Berliner, Platz 13. Im Vergleich zu einer kleineren, ähnlich angelegten Studie von 2015, die der RBB zitiert, werden Trends sichtbar. Damals lebten rund 4300 Menschen aus Damaskus in Berlin, 2017 schon 14.746.

Das Datenmaterial verleitet zum virtuellen Flanieren, weil es weltweit bis in einzelne Orte aufbereitet ist. Ein willkürliches Beispiel: Jeweils 321 Berliner stammen aus Rotterdam, Sanaa (Jemen) und Bad Mergentheim. Das entspricht etwa der Gesamtzahl der Costa Ricaner, von denen es am Jahresende 2017 genau 308 in Berlin gab. 1136 Berliner stammen aus Santiago de Chile, 59 aus Santiago de Compostela in Spanien.

Sie kommen aus Dornbirn in Österreich? Dieses Schicksal teilen Sie mit 82 weiteren Berlinern, während nur 76 aus Bludenz gleich um die Ecke kommen, ebenso viele wie aus Islamabad in Pakistan. Ganz hinten nimmt die Liste naturgemäß kein Ende; wer bis Platz 951 des Städterankings klickt, der trifft auf jeweils 50 Berliner aus Wuhan in China, Viborg in Dänemark und Boulogne-sur-mer in Frankreich.

Was sagt uns das? Der Ur-Berliner wird immer seltener. Aber es ist ja keinem Zuzügler, sei es aus Islamabad oder Bludenz, verwehrt, seine Kinder und Enkel auf den richtigen Weg zu bringen.

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