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Berlin: Elvira Bach: Die anderen Evas leuchten wild und ungezähmt

Die andere Eva ist ungezähmt in ihrer ursprünglichen Kraft, leuchtet honiggolden, wintermorgenblau oder schokoladenbraun, die Schlange immer um den Hals. Überlebensgroße Frauenfiguren von Elvira Bach sind derzeit zu sehen in der Eingangshalle des KaDeWe.

Die andere Eva ist ungezähmt in ihrer ursprünglichen Kraft, leuchtet honiggolden, wintermorgenblau oder schokoladenbraun, die Schlange immer um den Hals. Überlebensgroße Frauenfiguren von Elvira Bach sind derzeit zu sehen in der Eingangshalle des KaDeWe.

Vor der Vernissage, jener ersehnten Erlösung aus der Einsamkeit des Ateliers, die mit Sekt, Reden und zahllosen Signaturwünschen eifriger Fans einhergeht, standen handfeste Zweifel. Elvira Bach, berühmt geworden als Junge Wilde und heute eine der bedeutendsten zeitgenössischen Malerinnen, hat sich natürlich gefragt, ob man das überhaupt machen kann: Mit der Kunst ins Kaufhaus zu gehen. Ist das nicht unpassend, schädlich sogar? Dass sie schließlich ihrer Grundüberzeugung gefolgt ist ("Man muss immer neue Wege gehen"), hat sie nicht bereut.

Die Präsentation von acht Plastiken, siebzehn Gemälden und vier Vasen ist so großzügig, wie sie nur sein kann. Den Ort, an dem vor kurzem noch der Sommerschlussverkauf zelebriert wurde, hat man zum ersten Mal konsequent in ein modernes Museum verwandelt. Nichts wird zwischen den Bildern verkauft. "Vielleicht erreicht man ja so ganz neue Menschen, die nie in Galerien gehen würden", dachte die Künstlerin wohl zu Recht. Zur Vernissage drängten sich bereits zahlreiche Zaungäste heran, was an der Anziehungskraft der weithin leuchtenden anderen Evas gelegen haben mag. Sie halten Früchte, Champagnerkelche, tragen Netzstrümpfe und immer hohe Absätze, sie sind bei aller Üppigkeit konsequent anmutig und schwungvoll, strahlen mit ihren kräftigen Farben eine geradezu urgewaltige Lebensfreude aus. Manchmal hängen Kinder am Hals oder sitzen, Peitsche schwingend, auf dem Rücken, aber nie so, dass die Diva hinter der Sklavin verschwindet. Die Frau steht da als Verführerin und Erlöserin, ein verheißungsvolles, manchmal selbstironisches, oft provokantes Lächeln ziert kirschrote Lippen noch dort, wo sie sich genüsslich um Zigarettenspitzen schließen. Hier wird eine Begegnung inszeniert mit wilden Vamps, deren explodierende Erotik der Alltag selbst dort nicht dämmen kann, wo sie über Kartoffeln gebeugt stehen, Radieschen präsentieren oder Gefäße auf dem Kopf balancieren.

Experimente mit Stadträumen stehen dem Berlin der Jetzt-Zeit sowieso gut zu Gesicht; dieses, das bis zum 8. September zu besichtigen ist, zählt sicher zu den besonders vorbildlichen. Etwa 80 000 Besucher zählt das KaDeWe täglich. Auch einem zufälligen Passanten, der mit Kunst sonst nicht viel zu tun hat, werden Elvira Bachs Frauen ein Gefühl von Aufmunterung, Lebenslust, ein Lächeln vermitteln.

Künstlerkollege Thomas Hornemann würdigte Elvira Bachs Mut, sich immer wieder neu ins Spiel zu setzen, neu zu zeigen. Die Schlangen, die diese überlebensgroßen Frauen krönen, können als Zöpfe interpretiert werden, sie bringen aber auch ein männliches, ein phallisches Element mit und stehen vor allem für permanente Veränderung, für Häutungen.

Sollte man nicht verpassen.

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