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Die Kleingartenanlage "Am Gleisdreieck", verläuft direkt unter der Hochbahn der U1 und einer geplanten Parkanlage am Gleisdreieck.

© Kitty Kleist-Heinrich

Kleingarten-Entwicklungsplan: Ende der grünen Berliner Idylle

Welche Kleingärten müssen weichen für Schulen und Kitas? Nächste Woche wird ein Plan vorgestellt. Einen Vorschlag gibt es: 15 Kolonien sollen verschwinden.

Die grüne Idylle liegt in der Nähe des S-Bahnhofs Baumschulenweg, eingebettet zwischen Bahngleisen und Häusern. 1887 wurde „Zur Linde“ gegründet, sie ist die älteste Kleingartenanlage in Treptow. Dumm nur, dass diese Idylle ein Ende haben könnte, es gibt Überlegungen, die Kolonie aufzulösen. Natürlich wehrt sich Günter Landgraf dagegen, er ist der Vorsitzende des Kleingärtner-Bezirksverbands Treptow.

Als Landesvorsitzender der Gartenfreunde kämpft Günter Landgraf dagegen um ganz andere Areale: Er versteht sich als Schutzpatron aller Kleingärtner in Berlin. Er braucht deshalb auch nicht lange für sein Urteil über den neuen Kleingarten-Entwicklungsplan des Senats, auch wenn er den noch gar nicht kennt. Ihm genügen zwei Sätze: „Ich halte gar nichts davon. Denn die Kleingärten werden dadurch nicht dauerhaft gesichert.“ Er möchte am liebsten, dass alles unangetastet bleibt.

Am nächsten Montag wird der Kleingarten-Entwicklungsplan öffentlich vorgestellt. Der RBB hat am Montag einen Entwurf des Plans veröffentlicht. Nach derzeitigem Stand ist vorgesehen, dass von 2020 an 15 Kleingartenkolonien ganz verschwinden sollen, drei weitere teilweise. 2030 soll die Arbeit abgeschlossen sein. Auf den Kolonien sollen Kitas, Schulen, Sporthallen entstehen. Allein in Tempelhof-Schöneberg soll es nach dem Entwurf zehn Kolonien treffen.

Laut Plan besteht bis 2030 eine Schutzfrist

Ein Sprecher der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz teilte allerdings mit, dies sei nicht „die endgültige Fassung, sondern lediglich der verwaltungsinterne erste Vorschlag“. Dieser Entwurf werde noch mehrfach überarbeitet. Fest stehe aber, dass der Plan eine Schutzfrist bis 2030 für Kleingartenanlagen vorsehe, die laut Flächennutzungsplan oder den Plänen der Bezirke perspektivisch für Wohnungsbau oder Gewerbeentwicklungen vorgesehen seien.

Bisher galt diese Schutzfrist nur bis 2020. „Sie betrifft (bis auf Ausnahmen!) 6630 Parzellen.“ Etwa neun Prozent von insgesamt 71.000 Parzellen in Berlin. Um diese Ausnahmen gehe es in der aktuellen Planung, teilte der Sprecher mit. Gut ein Prozent des Gesamtbestandes soll für soziale Vorhaben (Schulen, Kitas, Sportanlagen) oder Verkehrsprojekte in Anspruch genommen werden müssen. Laut Entwurf handele es sich dabei um rund 900 Parzellen: 15 Kleingartenanlagen sowie drei Teilflächen für soziale Vorhaben, zudem rund 420 weitere Parzellen für Verkehrsprojekte.

Die betroffenen Kleingärtner sollen entschädigt werden

Bis Anfang April laufe die Diskussion mit der Bevölkerung, dann werde der Entwurf erneut überarbeitet, im Mai soll er dem Senat vorgelegt werden. Voraussichtlich soll das Abgeordnetenhaus darüber abstimmen. Zudem würden die betroffenen Kleingärtner entschädigt, und ihnen würden Ersatzflächen angeboten.

Diese Kleingärten könnten ab 2020 bebaut werden.

© Tsp/ RBB

Ersatzflächen müssen gestellt werden, so steht es im Bundes-Kleingartengesetz. Landgraf zitiert diesen Passus sehr deutlich. Und genauso deutlich sagt er: „Die Berliner Kleingärtner glauben nicht daran, dass sie angemessen Ersatzflächen erhalten.“ In der Vergangenheit seien sie enttäuscht worden. Da sei wenig passiert.

Die Steuerungsgruppe des Senats hatte alle Bezirksvorsitzenden wegen des Entwicklungsplans eingeladen. Eine Runde, in der dann, so sagt es Landgraf, jeder Funktionär auf jene Kolonien hinweisen konnte, die unbedingt verschont bleiben sollten. Landgraf machte sich für die „Linde“ stark, er ist „sehr zuversichtlich, dass sie bleiben kann“. Wohnungen sind nach politischen Absprachen bisher auf Kleingärten nicht geplant.

Gärten aufgeben für Wohnungen? Dagegen will sich Landgraf wehren

Kleingärten für den Wohnungsbau zu opfern, das ist für Landgraf indiskutabel. „Wenn Schulen, Straßen und Kitas gebaut werden, können wir nichts machen, die haben mehr Bedeutung als Kleingärten.“ Aber Gärten aufgeben für Wohnungen? „Dagegen werden wir uns wehren.“

Im Büro des Bezirksverbands Tempelhof ist Norbert Gieseking deutlich entspannter als sein Landesvorsitzender Landgraf. Gieseking, Vorstandsmitglied des Bezirksverbands der Gartenfreunde, ist seit 40 Jahren für Kleingärten aktiv, er ist angesichts des aktuellen Entwurfs „überhaupt nicht alarmiert“.

Die Kolonie "Feldschlösschen" soll komplett verschwinden

Er hat schon so viele Fristsetzungen erlebt, dass er fast lässig sagt: „Wir warten erst mal ab, was herauskommt.“ Und wenn der Plan bekannt ist, gebe es immer noch genügend Zeit zu reagieren. „Da muss ja erst mal ein Bebauungsplan aufgestellt werden, und dann gibt es dazu eine Bürgerbeteiligung“.

Sein Bezirksverband, sagt Gieseking, sei grundsätzlich kooperationswillig. Kommt halt immer darauf an, was man ihm abverlange. „Wenn Sporthallen oder Kitas geplant werden, haben wir nichts dagegen.“ Als vor Jahren eine Schule auf dem Gelände einer Kolonie eine Sporthalle bauen wollte, habe sein Bezirk mitgespielt, sagt Gieseking. Die Pächter hätten eine Entschädigung und eine Ersatzfläche erhalten.

„Aber wenn ein sechsgeschossiges Wohnhaus entstehen soll“, sieht es schon wieder anders aus. Auch mit Ersatzflächen hat Gieseking keine Probleme. „Im Bezirk sind genügend Areale als Kleingartenflächen ausgewiesen.“ Überhaupt müsse man den Begriff „Kleingarten“ näher betrachten. Die Kolonie „Feldschlösschen“ in Tempelhof umfasse nur elf Gärten. „Die muss man anders behandeln als eine Kolonie mit 700 Gärten.“ Dieses Verständnis ist auch im ersten Planentwurf dokumentiert: „Feldschlösschen“ soll danach völlig verschwinden.

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