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Berlin: Ende des Schweigens

Senat und Erzbistum sprechen zum ersten Mal seit Jahren wieder miteinander

Nachdem die katholische Kirche und der Senat in den vergangenen Jahren viel miteinander gerungen haben, spricht man nun wieder freundlich miteinander. Auf Initiative von Kardinal Georg Sterzinsky fand gestern zum ersten Mal seit acht Jahren ein Spitzentreffen zwischen Erzbistum und Senat statt. An dem zweistündigen Austausch nahmen der Regierende Bürgermeister und sämtliche Senatoren teil, alle Dezernatsleiter des Erzbistums, der Generalvikar, der Weihbischof, der Kardinal sowie der Chef der Caritas. Klaus Wowereit (SPD) lobte hinterher das „sehr konstruktive Gespräch“, der Kardinal sagte, sein Ziel sei erreicht worden. Er wollte deutlich machen, „dass die Kirche überall mitmischt“. Die Kirche nehme Aufgaben wahr, die fast alle Senatsverwaltungen betreffen, vom sozialen Bereich über die Bildung bis hin zur Integrationspolitik und zur Kultur.

Wowereit lobte ausdrücklich den Einsatz der Kirche für die sozial Schwachen und die Migranten in der Stadt. Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Linke) und Innensenator Ehrhart Körting (SPD) sollen auch das Engagement katholischer Einrichtungen für Menschen gewürdigt haben, die sich illegal in der Stadt aufhalten, wie Sitzungsteilnehmer berichteten.

Schmunzelnd fragte der Katholik Wowereit, ob der Papst bald nach Berlin komme. Irgendwann werde Benedikt XVI. sicher Deutschland noch mal besuchen, aber es sei nicht anzunehmen, dass es sehr bald sein wird, sagte Sterzinsky.

Bei der Beurteilung des Religionsunterrichts an den Schulen gehen die Meinungen zwischen Senat und Kirche aber auch nach dem gestrigen Treffen stark auseinander. Kleine Schritte aufeinander zu gibt es dennoch. So wollen sich die Katholiken nun stärker beim Ethikunterricht einbringen. Ein Termin bei der Bildungsverwaltung stehe fest, sagte Wowereit. Gleichzeitig appellierte Wowereit an die Bildungsverwaltung und die Schulen, „einen aktiven Beitrag zu leisten, damit Religionsunterricht stattfinden kann“. Durch die Einführung des Ethikunterrichts ist der freiwillige Religionsunterricht weiter in die Nachmittagsstunden verdrängt worden.

Das Erzbistum verzeichnet allerdings keinen dramatischen Rückgang der Teilnehmerzahlen am Religionsunterricht seit der Einführung des Ethikfaches. Prozentual ist die Anzahl von 7,28 Prozent eines Schülerjahrgangs auf 7,41 Prozent sogar leicht gestiegen. Am evangelischen Religionsunterricht nehmen dieses Schuljahr ein Drittel weniger Schüler teil als vergangenes Schuljahr. „Für die evangelische Kirche verschärft sich die Situation durch den Ehtikunterricht, für uns war sie immer schon verschärft“, sagte der Bistumssprecher. „Wir sind es gewöhnt, um jeden Schüler zu kämpfen.“

Auch hinsichtlich der Ladenöffnungszeiten an den Sonntagen besteht weiterhin Dissenz. Die Kirchen sind entschlossen, Verfassungsklage in Karlsruhe einzureichen. Solange es diese strittigen Fragen gebe, werde man auch die 1999 unterbrochenen Verhandlungen zu einem Staatskirchenvertrag nicht wieder aufnehmen, sagte Kardinal Sterzinsky. Das Land zahlt Zuschüsse in Höhe von rund 39 Millionen Euro an die katholische Kirche, wovon 28,3 Millionen an die katholischen Schulen gehen. Claudia Keller

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