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Die Berliner Justizsenatorin Lena Kreck (Die Linke).

© dpa/Stefan Puchner

Nach Vorschlag des Bundesjustizministers: Ersatz-Haft trifft für Berlins Justizsenatorin meist die Falschen

Wer seine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, muss ersatzweise ins Gefängnis. Dabei trifft es meist die Falschen, meint Berlins Justizsenatorin Kreck (Linke).

Wer seine Geldstrafe nicht zahlen kann, soll künftig weniger Zeit ersatzweise im Gefängnis absitzen müssen. Das plant Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) - und erhofft sich auch Einsparungen für die Justiz. Aus Sicht von Berlins Justizsenatorin Lena Kreck (Linke) ist das System in jetziger Form kostenintensiv und trifft häufig die Falschen.

„In der Praxis müssen wir feststellen, dass diejenigen, die ihre Geldstrafe nicht zahlen oder abarbeiten können und deshalb eine Ersatzfreiheitsstrafe antreten müssen, psychisch oder suchterkrankt sind“, sagte Kreck der Deutschen Presse-Agentur.

Im Gefängnis träfen diese Menschen dann auf Straftäter, die zu Haftstrafen verurteilt worden seien - obwohl ein Gericht in ihrem Fall eine Geldstrafe als angemessen erachtet habe. Diese werden vom Gericht mit Tagessätzen festgelegt, die sich am Einkommen des Betroffenen orientieren. Die Anzahl der Tagessätze richtet sich nach der Schwere des Vergehens. Wer eine Geldstrafe nicht zahlen kann oder will, muss dafür ersatzweise ins Gefängnis.

Nach einem Entwurf des Bundesjustizministeriums soll nun ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe künftig nicht mehr einem, sondern zwei Tagessätzen entsprechen. Ein Nebeneffekt: Die Länder würden Geld sparen. Ein belegter Haftplatz kostete im Jahr 2020 im Schnitt pro Tag 157,72 Euro, rechnet man die Bau- und Sachinvestitionskosten dazu, waren es 173,66 Euro.

216,78 Euro kostet ein Gefängnistag pro Häftling in Berlin

Nach Angaben der Berliner Justiz liegen die Kosten allerdings pro Tag bei 216,78 Euro. Damit überstiegen die Kosten die Höhe der Geldstrafe, hieß es. Die Gefängnistage können durch gemeinnützige Arbeit wie Pflege von Parks und Grünanlagen ausgeglichen werden. Diese Möglichkeiten will Kreck ausbauen.

Häufig trifft eine Ersatzfreiheitsstrafe Menschen, die ohne Ticket Bus oder Bahn gefahren sind. So waren laut Justizverwaltung 2020 trotz verschiedener Gnadenerlasse wegen der Corona-Pandemie 315 Menschen in Haft, weil sie ihre Geldstrafe wegen Fahrens ohne Fahrschein nicht zahlen konnten.

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Insgesamt haben damals 1418 Menschen eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe abgesessen. 2021 waren es 305 (1645). In den Jahren vor der Pandemie lagen die Zahlen deutlich höher: 2018 waren 788 (3046) Menschen, 2019 waren es 673 (2781).

Das Bundesjustizministeriums plant nun, das Fahren ohne Fahrschein zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen. Der Linken-Politikerin Kreck geht das nicht weit genug: „Wer wirklich etwas ändern will, muss das Fahren ohne Fahrschein - zumindest wenn es um ein Fehlverhalten bei Nutzung des Öffentlichen Nahverkehrs geht - komplett entkriminalisieren.“ (dpa)

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