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Bange Anrufe. In den Arbeitspausen bemühen sich Japans Tourismusvertreter per Handy um Infos aus der Heimat. Foto: dpa

© dpa

Berlin: Erst der Job, dann die Sorgen

Japanische Aussteller stürzen sich auf der ITB in die Geschäfte – und verdecken ihre große Unruhe über das gewaltige Erdbeben daheim

Auf den ersten Blick lassen sich die japanischen Aussteller auf der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) nichts von den dramatischen Ereignissen in der Heimat anmerken. Scheinbar wie immer führt die etwa 40-köpfige Delegation aus allen Regionen des Inselstaates Gespräche mit Reiseveranstaltern aus aller Welt. Nur am Ende der Verhandlungen ziehen sich die vorwiegend männlichen Japanvertreter rasch zurück und greifen zu den Handys. Mobiltelefone sind jetzt ihre schnellste Verbindung zur Heimat. Kein Fernseher läuft mit Live-Bildern von den Erdbeben-Zerstörungen. Zu sehen sind auf den vielen Videoschirmen weiterhin makellos schöne Bilder des Landes.

„Wir haben keine verlässlichen Informationen“, sagt Angela Troisi vom japanischen Fremdenverkehrsamt. „Erst eine SMS von einer Freundin in Japan hat mich am Vormittag stutzig gemacht. Sie schrieb, dass sie o.k. sei. Danach habe ich von den Ereignissen erfahren.“

So wie Angela Troisi geht es vielen am Messestand. Die meisten stürzen sich einfach in die Arbeit. „Wir sind nur noch bis heute Abend in Berlin und haben noch einen vollen Terminkalender", erklärt ein Vertreter aus Tokio in einer Verhandlungspause. „Die Aufträge gehen im Moment vor, danach kommen die privaten Sorgen.“ Am Abend kehren dann die meisten Standmitglieder schon zurück in die Heimat gehen. Da es von Berlin keine direkte Flugverbindung nach Japan gibt, mussten die meisten Gäste den Umweg über Frankfurt (Main) machen.

Ihre äußerliche Ruhe erklären die japanischen Aussteller vor allem mit der Hoffnung auf möglichst wenige Opfer. Da ist vom „Vertrauen in die erdbebensicheren Häuser“ und das „gute Rettungswesen“ die Rede. Doch noch wissen die meisten nur ganz wenig über das gewaltige Ausmaß des Erdbebens. Auch die japanische Botschaft in Berlin liefert bis zum Ende des Messetages keine offiziellen Informationen. Ähnlich ergeht es auch den Verhandlungspartnern und der Mehrzahl der Messegäste. Nur wenn ein Gast auf seinem iPhone oder iPad eine Internetseite mit den Bildern aus Fernost anklickt, bildet sich um ihn herum sofort eine Menschentraube. Am Nachmittag drückte die Messeleitung ihr tiefes Mitgefühl mit den betroffenen Ländern aus.

Dazu gehören Papua-Neuguinea oder die Philippinen. Auch hier Verunsicherung. „Wir wissen gar nichts“, bestätigte Katrin Pottier vom Europäischen Tourismusbüro für Papua-Neuguinea. Ihre bunten Prospekte finden guten Absatz. Ein farbenprächtig bemalter Ureinwohner posiert für Fotos mit den Messebesuchern – wie immer. Unterdessen betont die Messeleitung über Lautsprecher ihr Mitgefühl für die Katastrophe in Japan. Im Berliner Dom beginnt heute um 12 Uhr eine Gedenkandacht für die Tsunami-Opfer. Claus-Dieter Steyer

Die ITB ist an diesem Wochenende für alle Besucher geöffnet (10 bis 18 Uhr); die Tageskarte kostet 14,50 Euro. Am Sonntag dürfen alle Berliner Geschäfte wegen der ITB von 13 bis 20 Uhr öffnen.

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