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Berlin: Erstes Urteil nach Krawall um Liebigstraße 21-Jähriger erhielt zehn Monate Haft auf Bewährung

nach Flaschenwurf auf Polizisten

Der erste Schuldspruch erfolgte im dritten Prozess: Nach den Ausschreitungen bei der Räumung des besetzten Hauses Liebigstraße 14 in Friedrichshain ist ein mutmaßlicher Flaschenwerfer zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er soll zudem 80 Stunden gemeinnützige Arbeit leisten. Der 21-jährige Christoph G. habe gezielt in Richtung Polizei geworfen, stand am Freitag für den Richter fest. Der Angeklagte aus Magdeburg wurde des Landfriedensbruchs, der versuchten Körperverletzung sowie eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz schuldig gesprochen.

Der arbeitslose G. war möglicherweise ein sogenannter Krawalltourist. Weil er im Prozess schwieg, blieb dies aber Spekulation. Er stand am Vormittag des 2. Februar in einer Gruppe von Demonstranten an einer Kreuzung an der Frankfurter Allee. Der Druck gegen eine Polizeikette wurde stärker. Christoph G., ein schmaler Mann mit abgeschnittener Tarnhose und Blondfärbung im Haar, holte laut Zeugen zum Wurf mit einer Bierflasche aus. „Gezielt, direkt nach vorn“, sagte ein Polizist. Der Beamte verfolgte den mutmaßlichen Werfer. Wenig später wurde der Magdeburger abgeführt.

Ob G. einen Beamten traf, blieb im Prozess offen. Ein Polizist schilderte zwar, dass ein Kollege an der Schulter getroffen worden sei. Doch es könnte auch ein anderes Geschoss gewesen sein. Es gab massive Krawalle. Die Polizei hatte das linksalternative Wohnprojekt in Friedrichshain mit einem Großaufgebot geräumt. Fast 2500 Beamte waren im Einsatz. Bei Kundgebungen gegen die Räumung hinterließen Randalierer eine Schneise der Zerstörung. Mehr als 80 Verdächtige wurden vorläufig festgenommen. Christoph G. wurde gegen Meldeauflagen von der Untersuchungshaft verschont.

Der Flaschenwurf sei von Zeugen plastisch geschildert worden, sagte der Richter. Übereinstimmend hätten sie von dem Mann mit der Tarnhose und den gelben Haaren gesprochen. Wie in den beiden anderen Prozessen waren es Angaben von Polizisten, auf die sich die Anklage stützte. Im März entschied ein Gericht im Verfahren gegen einen mutmaßlichen Steinewerfer, dass die Aussagen mehrerer Beamter widersprüchlich gewesen seien, vorige Woche wurde ein 23-jähriger Mann aus Wedding vom Vorwurf eines Flaschenwurfs freigesprochen. Im ersten Prozess um die Liebigstraße hatte die Staatsanwaltschaft 15 Monate Gefängnis als „deutliche Strafe auch zur Abschreckung“ verlangt, im zweiten Freispruch, im dritten eine Bewährungsstrafe.

Die Justiz reagierte nach den Ausschreitungen schnell: Die ersten Anklagen lagen nach acht Tagen vor, sieben Wochen nach der Räumung saß der erste mutmaßliche Randalierer vor dem Amtsgericht Tiergarten. Auf Hochtouren werden auch die Verfahren um Ausschreitungen am 1. Mai geführt: Am kommenden Dienstag soll der Prozess gegen einen 25-Jährigen beginnen, der in U-Haft sitzt. Er soll in der Walpurgisnacht eine Flasche in Richtung Polizei geworfen haben. Kerstin Gehrke

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