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Der Oberbürgermeister von Cottbus, Holger Kelch (CDU), bei einer Demonstration im Jahr 2019. Er steht zurzeit im Verdacht, sich beim Impfen vorgedrängelt zu haben. (Archivbild)

© imag images/Christian Ditsch

„Es gibt einen Anfangsverdacht“: Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Cottbuser Oberbürgermeister

Weil die vorzeitige Impfung von OB Kelch eine Vorteilsnahme bedeuten könnte, ermittelt die Staatsanwaltschaft Neuruppin. Die will ergebnisoffen vorgehen.

Von Sandra Dassler

Die Neuruppiner Schwerpunktstaatsanwaltschaft zur Bekämpfung der Korruption im Land Brandenburg hat jetzt ein Ermittlungsverfahren gegen den Cottbuser Oberbürgermeister Holger Kelch (CDU) eingeleitet. Das sagte der Leiter der zuständigen Schwerpunktabteilung, Frank Winter, am Montag dem Tagesspiegel: „Der Anfangsverdacht auf Vorteilsannahme besteht, so dass weitere Ermittlungen folgen werden.“

Holger Kelch hatte sich, wie berichtet, bereits im Januar dieses Jahres gegen Corona impfen lassen, obwohl er noch längst nicht an der Reihe gewesen wäre. Der vermutete „Promi-Bonus“ führte zu viel Empörung in der Stadt und im Land - auch, weil der Oberbürgermeister die Impfung unter anderem damit begründet hatte, dass er im Rahmen seiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den Malteser Hilfsdienst drei ältere Frauen zum Impfen gebracht hätte.

Dabei sei ihm in einem Pflegeheim erklärt worden, dass er geimpft werden könne, damit die Dosis nicht weggeworfen werden müsse. Die Malteser bestritten jedoch, dass der 53-jährige Kelch am besagten Tag in ihrem Auftrag unterwegs war.

„Es ist nicht strafbar, sich vorzeitig impfen zu lassen“

Ein ehemaliger Cottbuser Richter hatte Ende Februar Strafanzeige gegen Kelch und den Cottbuser Ordnungsdezernenten gestellt, der ebenfalls früher geimpft wurde und gegen den jetzt auch ermittelt wird. „Es ist nicht strafbar, sich vorzeitig impfen zu lassen“, sagt der zuständige Neuruppiner Oberstaatsanwalt Winter: „Nur wenn dies in irgendeinem Zusammenhang mit der Dienstausübung steht, verstößt es gegen das Gesetz und gilt als Vorteilsannahme, was fälschlicherweise auch oft Vorteilnahme im Amt genannt wird.“

Vorteilsannahme liegt vor, wenn ein Amtsträger für sich oder für einen Dritten für die Dienstausübung einen Vorteil fordert, sich versprechen lässt oder annimmt. In diesem Fall könnten sich die Ermittlungen auch auf jene ausweiten, die dem Oberbürgermeister den Vorteil, sprich: die Impfung verschafft hätten, sagt Winter: „Aber dazu müsste sich der Anfangsverdacht weiter bestätigen - wir führen die Ermittlungen natürlich komplett ergebnisoffen.“

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Für die Beurteilung des Vorgangs spiele es auch keine Rolle, ob der Betroffene bei der nachträglichen Begründung seines Handelns die Wahrheit spreche oder nicht, sagt Winter: „Selbst wenn derjenige falsche Aussagen macht, ist das noch kein Beleg dafür, dass der Vorgang, um den es geht, strafbar war. Wie man das moralisch bewertet, ist eine andere Sache.“

Forderung nach Bußgeldern für Impfdrängler

In den vergangenen Monaten hatte es deutschlandweit zahlreiche sogenannte Impf-Vordrängler gegeben - darunter viele Kommunalpolitiker und Geistliche. Daraufhin waren Forderungen nach hohen Bußgeldern laut geworden, die dann aber doch nicht von der Politik beschlossen wurden. Zur Begründung hieß es, dass Vordrängeln ja auch ohne Bußgelder eine Straftat und somit ein Fall für die Staatsanwaltschaften sein könne. Außerdem wolle man nicht, dass Impfstoffreste aus Angst vor einer Strafe vernichtet würden, anstatt sie zu verimpfen. Zumal in absehbarer Zeit genügend Impfstoff zur Verfügung stehe.

In Cottbus und vielen anderen Orten in Brandenburg ist das allerdings noch nicht in Sicht. Das Land hat wegen fehlender Impfstoffe die Erstimpfungen außer in den Hausarztpraxen so gut wie eingestellt. Viele Impfzentren verabreichen zur Zeit nur die zweite Dosis, reduzieren Personal und hoffen darauf, dass sich die Situation - wie versprochen - in zwei, drei Wochen endlich verbessert.

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