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Berlin: Es knistert im Kamin

Gusseiserne Öfen sind beliebt, doch das Holz ist teuer geworden und der Rauch ist umweltschädlich

Feuerschein, knisternde Holzscheite, wohlige Wärme in der Dachgeschosswohnung in Prenzlauer Berg, Hüttenromantik in der sanierten Altbauetage in Charlottenburg: Immer mehr Berliner holen sich bullernde Kaminöfen ins großstädtische Heim. Offene Kamine sind teuer, die geschlossenen Kaminöfen aus Metall mit Sichtscheiben und schickem Design sind hingegen ab 600 Euro zu haben. Berliner Baumärkte verkaufen die Öfen „so gut wie noch nie“, sagt ein Branchen-Sprecher.

Den Kunden geht’s aber nicht nur um Gemütlichkeit. Seit die Heizöl- und Gaspreise ums Doppelte gestiegen sind, wollen sie ihre gute Stube wenigstens zeitweise mit günstigerem Brennholz heizen – was 2006 nicht wirklich gelang: Die Feuerholzpreise schnellten um 40 Prozent in die Höhe. Außerdem gerieten ihre Öfen in Verruf. Umweltschützer fürchten, durch die neue Mode werde die Feinstaubbelastung der Stadt noch zunehmen.

2005 waren Holzscheite und gepresste Holzpellets oder -briketts extrem günstig. Mehr als ein Drittel der Kosten konnte man damit im Vergleich zur Öl- oder Gasheizung sparen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es noch viel Sturmholz, weil der Orkan „Lothar“ 1999 bundesweit ganze Waldstücke umgelegt hatte. Doch inzwischen ist dieses Überangebot aufgebraucht, es steigt die Nachfrage – und folglich der Preis. Gleichwohl ist ein holzgeheizter Ofen bei gleichem Energiegewinn noch immer rund 20 Prozent günstiger als eine Erdgasheizung.

Der Spareffekt kostet aber möglicherweise die gute Nachbarschaft. Denn mancher rümpft draußen die Nase, wenn der Geruch verbrannten Holzes durch die Straße zieht und es ein bisschen wie in winterlichen Bergdörfern riecht. Dabei kann sich die Umweltbilanz der Holzöfen hinsichtlich des gefährlichen Klimagases Kohlendioxid, das die Erde zum Treibhaus macht, sehen lassen. Denn Holz ist ein nachwachsender Rohstoff, bei dessen Verbrennung nur so viel Kohlendioxid frei wird, wie der Baum bei seinem Wachstum aufgenommen hat. Holz verbrennt deshalb „klimaneutral“, wie die Fachleute sagen. Beim Verfeuern fossiler Brennstoffe wie Erdöl und Gas entsteht hingegen zusätzliches Kohlendioxid, das sich in der Atmosphäre anreichert.

Das Problem der Holzöfen sind der Ruß und der krebserzeugende Feinstaub. Im Vergleich zum Erdgas können durch ihren Abzug Staub und streng riechende Stoffe in einer hundertfach größeren Menge in die Umwelt wirbeln. Das lässt sich durch eine „moderne Ofentechnik und fachgerechte Befeuerung allerdings beträchtlich vermindern“, sagt Bezirksschornsteinfeger Reiner Raeder. Er und seine Kollegen müssen jeden neu eingebauten Holzofen abnehmen. Dabei haben sie immer wieder mit billig angebotenen Öfen aus Osteuropa zu tun, die nicht den Immissionsschutznormen der Europäischen Union (EU) entsprechen.

Solche Modelle gibt Raeder erst gar nicht frei. Doch selbst der technisch ausgereifteste Ofen wird zur Staub- und Giftschleuder, wenn man ihn dilettantisch beheizt oder gar als Müllverbrenner nutzt. „Beides geschieht viel zu oft“, rügt die Schornsteinfeger-Innung und fasst zusammen, worauf es ankommt: Den Feuerraum nicht zu voll stapeln, einen guten Abzug sichern und vor allem mindestens ein bis zwei Jahre lang getrocknetes Kaminholz mit einem restlichen Feuchtigkeitsgehalt von 15 bis 20 Prozent verwenden. Solche Scheite sind zwar teurer als Kaminholz im Sonderangebot – die Preise schwanken zwischen 30 und 120 Euro für 400 Kilo – aber nur unter diesen Bedingungen entstehen ausreichend hohe Temperaturen für eine vollständige Verbrennung. Andernfalls raucht und rußt es.

Die Schornsteinfeger setzen nun auf neu entwickelte Öfen mit Staubfiltern, die seit kurzem erhältlich sind. Außerdem will das Land Berlin 2007 verschärfte Auflagen für Brennstätten erlassen, in denen Holzpellets verfeuert werden. Solchen Öfen kann man besseren Gewissens einheizen. Es macht ja Spaß, am Feuer wenigstens diese eine Winterfreude zu genießen – obwohl noch immer kein Schnee vom Himmel fällt.

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