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Berlin: Es stinkt zum Himmel

Nördlich von Berlin brennen 150000 Kubikmeter Müll – der beißende Gestank zog über die Stadt.Die Feuerwehr rät: Fenster zulassen

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Beißender Geruch nach verbranntem Plastik zog gestern über ganz Berlin. Im 20 Kilometer nordöstlich der Stadtgrenze gelegenen Bernau war in der Nacht zu Sonnabend ein Feuer in einer Recyclingfirma ausgebrochen. „Gegen 0 Uhr 30 drang plötzlich beißender Rauch aus der Anlage“, erzählt ein Anwohner. 150000 Kubikmeter Bau- und Gewerbemüll stehen in Flammen. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war die Lage nach dem Einsatz großer Mengen Schaum zwar unter Kontrolle, von einem „Löschen des Brandes könne aber keine Rede sein“, sagte ein Polizeisprecher. Die Behörden erwarten vielmehr, dass es noch mehrere Tage, wenn nicht gar Wochen in dem mehrere hundert Quadratmeter großen Lager im Bernauer Industriegebiet brennen wird.

Im Laufe des Tages riefen Dutzende besorgte Berliner bei den Notrufen 110 und 112 an und beschwerten sich über den Gestank. Nach Angaben der Feuerwehr am Nachmittag gab es aber keine Einsätze deswegen, den Anrufern werde geraten, in der Wohnung zu bleiben und die Nachrichten im Rundfunk zu verfolgen. Belästigt fühlten sich viele: „Es stank schon, als ich heute morgen um halb fünf zur Arbeit kam“, erzählt die Angestellte in einer Tankstelle in Prenzlauer Berg: „Zum Glück haben wir hier eine Klimaanlage.“

Dass Berlin so in Mitleidenschaft gezogen wurde, lag an dem schwachen Nordost-Wind, der Qualm und Gestank über die ganze Stadt verteilte. Gegen Mittag gaben Berliner Polizei und Gesundheitsverwaltung eine Warnung für die nördlichen Stadtteile heraus, vor allem für Pankow. Anwohner wurden über Rundfunk aufgefordert, Fenster und Türen geschlossen zu halten und Aktivitäten im Freien auf ein Minimum zu beschränken. Dies gelte besonders für Menschen mit Atemwegsbeschwerden. Viele hatten die Warnungen nicht gehört: „Über den Gestank wundere ich mich schon lange“, sagte eine Reinickendorferin. „Aber von Fenster schließen hat mir keiner etwas gesagt.“ Am späten Nachmittag informierte die Polizei die Bevölkerung in Pankow ebenfalls mit Lautsprecherdurchsagen. Als der Wind gegen Abend auffrischte, verlagerte sich die Rauchwolke nach Marzahn-Hellersdorf und Neukölln. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe war Köpenick am schlimmsten betroffen – auch dort wurden die Einwohner von der Polizei mit Lautsprecherdurchsagen gewarnt.

Evakuierungen seien allerdings nicht notwendig, hieß es in Bernau und Berlin, da eine „akute Gefährdung zurzeit nicht vorliegt“. Der Sprecher des Landkreises, Christian Trill, betonte, dass die Grenzwerte bislang nicht überschritten worden seien, auch nicht direkt am Brandort. In der Luft wurden 43 verschiedene Chemikalien gemessen, „alle innerhalb der gesetzlichen Toleranz“, wie Trill sagte. Die Feuerwehr des Landkreises Barnim hatte schon früh Hilfe aus umliegenden Landkreisen und aus Berlin erhalten. Die Brandursache ist unklar, die Kripo ermittelt. In Bernau waren in der Nacht nur eine Diskothek und einige Einfamilienhäuser evakuiert worden.

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