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Unerhört. Die Lautsprecher der Bahn stören manche Nachbarn - nicht nur in Berlin.

© Kai-Uwe Heinrich

Berliner Salafisten: Extremisten unter sich

Am Sonntag wollen in Kreuzberg Salafisten, Pro Deutschland und die NPD auflaufen.

Von Frank Jansen

Kreuzberg wird am Sonntag mit einem bizarren Extremisten-Mix konfrontiert. In der Markgrafenstraße, nicht weit entfernt vom Checkpoint Charlie, wollen sich hunderte Salafisten, die Islamfeinde von Pro Deutschland und NPD-Anhänger versammeln. Eine brisante Lage für die Polizei – im Mai 2012 hatten in Solingen und Bonn Mitglieder der Pro-Bewegung die Salafisten provoziert, die dann ihrerseits die Polizei attackierten, bis hin zu einem Messerangriff. Außerdem werden jetzt bei den Salafisten einige Szenegrößen erwartet, was den Zustrom von Anhängern verstärken könnte. Als Redner vorgesehen sind der Konvertit und Ex-Boxer Pierre Vogel, der Anführer des Vereins „Die Wahre Religion“, Ibrahim Abou-Nagie, und Sheikh Abdellatif Rouali von der Gruppierung „DawaFFM“. Gegen beide Organisationen hat Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) im Juni ein Verfahren mit dem Ziel eines Verbots eingeleitet.

Pierre Vogel ist vor allem im Internet aktiv. Im Jahr 2010 drohte er Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem Verfassungsschutz in einem Video, „wenn ihr sterbt und ihr habt den Islam nicht angenommen, dann werdet ihr für Ewigkeit in die Hölle gehen und dort Qualen erleiden, die schlimmer sind als alle Qualen, die ihr euch überhaupt vorstellen könnt“.

Die Islamisten wollen, laut Anmeldung von zehn bis 22 Uhr, unter dem Motto „Gedenken an die Opfer von Syrien – Ermahnung an die Menschlichkeit“ auf das Schicksal der Bevölkerung im syrischen Bürgerkrieg aufmerksam machen. Sicherheitskreise vermuten jedoch, es solle Geld gesammelt werden für in Syrien kämpfende Dschihadisten, von denen ein Teil mit Al Qaida liiert ist. Die Salafisten können aber nicht, wie geplant, den Vicom-Festsaal in der Markgrafenstraße nutzen. Der Betreiber strich die Reservierung, als er mitbekam, wer sich bei ihm treffen wollte. Die Salafisten müssen sich mit der Kundgebung zufrieden geben.

Gegen die frommen Extremisten machen Eiferer aus dem rechten Spektrum mobil. Pro Deutschland hat für die Zeit von 9 Uhr 30 bis 14 Uhr eine Kundgebung in der Markgrafenstraße mit bis zu 50 Teilnehmern angemeldet. Das Motto lautet „Grundgesetz statt Scharia“. Sicherheitsexperten befürchten, die Islamfeinde könnten die bei Muslimen verhassten Mohammed-Karikaturen zeigen und damit die Stimmung anheizen. Im Mai vergangenen Jahres konnte die Polizei am Potsdamer Platz nur mit Mühe Salafisten und Anhänger von Pro Deutschland voneinander getrennt halten.

Die NPD möchte, vermutlich mit Blick auf die Bundestagswahlen im September, der Konkurrenz von Pro Deutschland nicht die Stimmungsmache gegen Salafisten allein überlassen. Mit ebenfalls 50 Leuten will sich die rechtsextreme Partei unter dem Motto „Religionsfreiheit statt Gotteskrieger“ Gehör verschaffen. Andererseits steht die NPD den Salafisten ideologisch in einigen Punkten durchaus nahe. Beide Spektren sind stramm antijüdisch und antiamerikanisch eingestellt.

Die größte Gefahr geht allerdings von den Salafisten aus. In Berlin nimmt ihre Zahl weiter zu, der Verfassungsschutz spricht von 400 Anhängern und hält die Hälfte für militant. In den vergangenen Jahren sind mehrfach Mitglieder der Berliner Szene in die pakistanische Terrorhochburg Wasiristan gereist, seit dem Erstarken der Salafisten in Ägypten wird allerdings das Land am Nil bevorzugt. Dort hält sich offenbar auch der Berliner Denis Cuspert auf, der als Rapper „Deso Dogg“ bekannt wurde und nun Deutschland mit Anschlägen droht. Pierre Vogel war zuletzt ebenfalls in Ägypten. Frank Jansen

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