zum Hauptinhalt
Landesparteitag der Berliner FDP - Wahl des Landesvorsitzenden

© dpa

FDP: Nach dem Duell kommt der Ärger

Die Berliner FDP wählt einen neuen Vorstand – und fordert mehr Staatszuständigkeit bei der Bildung

Gut, dass sie ihren bildungspolitischen Leitantrag hatten. An dem konnten sich die 350 Delegierten der Berliner FDP auf ihrem Landesparteitag richtig abarbeiten. Richtungsfragen, Wertediskussionen, Prinzipienreitereien – nach der Personalentscheidung vom Freitagabend über den Landesvorsitzenden hätte neuer Personalstreit ins Desaster geführt. Markus Löning wurde mit 180 von 350 Stimmen im Amt bestätigt. Sein Herausforderer Martin Lindner holte 163 Stimmen.

Die Abstimmung über Personen war auch eine über Konzepte: Lindner wollte die FDP aufmischen, auf Angriff trimmen, auf Kampagnen einschwören. Löning will programmatische Breite – finanzielle Solidität. Dass der Amtsinhaber gegenüber Lindner nur 17 Stimmen Vorsprung hatte, sagt einiges über die Einschätzung seiner Arbeit in der FDP: Knapp die Hälfte der liberalen Basis findet, dass Löning zu wenig tue.

Im Streit um den Leitantrag holten sie dann alles nach, was sie sich am Abend zuvor bei der Personalentscheidung verkniffen hatten. Da standen nämlich in bildungspolitischen Zusammenhängen ein paar liberale Grundfragen zur Diskussion. Zum Beispiel im Umgang mit Eltern, die ihre Kinder nicht in die Kita schicken wollten. Die sollen demnächst alle einen Kita-Gutschein für ihre dreijährigen Kinder zugeschickt bekommen. So wollen die Liberalen die Hemmschwelle bei manchen Eltern senken. Aber zugleich will die Partei der Antibürokraten und Staatsverschlanker der Berliner Verwaltung eine neue Aufgabe aufbürden.

Oder der Umgang mit den kinderärztlichen Untersuchungen, bei denen vernachlässigte Kinder auffallen: So heftig ist die liberale Fürsorglichkeit neuerdings, dass sie ein „verbindliches Einladungswesen“ fordern. Ganz im Ernst stritten sie auch über die Frage, ob nicht bloß zu den Untersuchungen im Vorschulalter verbindlich eingeladen werden soll, sondern auch zu zwei Untersuchungen an Jugendlichen (U 10 und U 11). Die bezahlt angeblich die Krankenkasse nicht – auch das möchten die Liberalen geändert sehen.

Verbindlich sollen auch die Startklassen werden, damit alle Vorschulkinder ausreichende deutsche Sprachkenntnisse vor dem ersten Schuljahr erwerben. Das heißt: Die Schulpflicht soll um ein Jahr vorgezogen werden. Stets ging es beim Streit um die neuen Verbindlichkeit auch darum, was zum liberalen Verständnis von Freiheit passt. Hätte Lindner Lust gehabt, mitzustreiten – er hätte vielleicht das Wort von der „Volksbeglückung“ verwendet. Das macht er gern, wenn andere Parteien dem Staat neue Aufgaben zuweisen.

Doch die Vormänner, Bezirksverbandschefs und Strategen der FPD beschäftigten sich weniger mit Schule und Bildung als mit der Bildung eines neuen Landesvorstands. Das war in Folge des Duells Lindner-Löning komplizierter als erwartet. Noch am Vormittag führten die Lindner-Verbündeten mal ihre Macht vor. Als Sebastian Czaja, Abgeordneter aus Hellersdorf-Marzahn, für den Landesvorstand kandidierte – einer von Lönings Leuten –, ließen sie ihn auflaufen: Zweimal, damit es weh tat und damit es jeder sah, verfehlte er die Mehrheit.

„Wahl von zehn Beisitzern, Position 1, 3. Wahlgang“, stand derweil als Tagesordnungspunkt auf dem Großbildschirm. Beobachter mit FDP-Erfahrung diskutierten die Möglichkeit, dass auch dieser Landesparteitag abgebrochen werden müsste – wie schon einmal, vor etwa zwei Jahren, wegen eines festgefahrenen Streits. Dann schlug ein Lindner-Verbündeter die Bildungspolitikerin Mathia Specht-Habbel an Czajas Stelle vor – sie holte mit 254 eine starke Mehrheit.

Löning ging schließlich mit den Bezirkschefs hinaus auf die Terrasse. Man versprach sich Abstimmungsdisziplin, um einen Vorstand zusammenzubekommen, der die Machtverhältnisse in der Partei widergibt. Und so kam es dann auch: gut die Hälfte für Lönings, knapp die Hälfte für Lindners Leute.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false