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Berlin: Feiern wie die Weltmeister

Der heimeligste Ort der Stadt ist es ja eigentlich nicht. Gestern aber wurde es ganz warm im stahlgläsernen Sony-Center.

Der heimeligste Ort der Stadt ist es ja eigentlich nicht. Gestern aber wurde es ganz warm im stahlgläsernen Sony-Center. Wo sonst die Touristen mit offenem Mund und Genickstarre die kühle Moderne bestaunen, brüllten sich tausende Fußballfans „Deutschlaaaand!“ und „Jawollll!“ zu. Acht Mal riefen sie „Tooor!“ Dabei standen sie dicht an dicht, und ein paar hatten auch schwarzrotgoldene Tücher dabei. Wenn eins der vielen Tore fiel, schwenkten sie die wie wild durch die Luft, und vermiesten damit den Nachbarn die Sicht auf die Zeitlupenwiederholung.

Das machte aber nichts; wegen der guten Sicht auf das Geschehen im fernen Japan war ohnehin kaum jemand ins Sony-Center gekommen. Mit vier mal drei Metern mag die Leinwand zwar größer sein als die Glotze daheim, aus größerer Entfernung ließen sich die Trikot-Nummern der Torschützen aber nicht mehr entziffern. Dafür dröhnten die Reporter-Kommentare durchs High-Tech-Zelt.

Und die Leute standen dicht gedrängt bis in die hintersten Ecken des Areals. An die Bierzapfhähne in der Mitte des Sony-Centers vorzudringen, gelang nur denen, die rechtzeitig vor dem Anpfiff gekommen waren. Da hatten sie auch noch eine Chance, einen Platz an den Tischen mit den rotweißen Karotischdecken zu bekommen.

Warum aber kamen überhaupt so viele hierher? Werner Reimann aus Schwäbisch Gmünd wusste gar nichts von der Übertragung. „Aber als ich die Massen hier gesehen habe, bin ich geblieben“ – auch nach dem Spiel war der Schwab noch ganz aus dem Häuschen. Selbst die Touristen aus den entlegensten Gegenden Deutschlands mögen hier den kollektiven Rausch der Daheimgebliebenen gefeiert haben. Stadionstimmung tausende Kilometer westlich von Sapporo.

Auf der anderen Seite des Postdamer Platzes, auf dem Daimler-Chrysler-Gelände ging es alltäglicher zu. Viele Leute auch hier, Touristen zumeist und Einkäufer, und vom Fußballfieber war nichts mehr zu spüren. Nichts mehr? Am Zeitungskiosk der Einkaufspassage wurden Passanten ans Fußballgeschehen erinnert. Der Tagesspiegel hat hier einen WM-Fernseher aufstellen lassen und verkauft täglich ab 17 Uhr 30 seine WM-Frühausgabe mit den aktuellen Ergebnissen. Während des Spiels blieben viele stehen. Deutschlandfahnen hatte niemand dabei, aber sie jubelten auch hier – wenn auch etwas verhaltener als im Stadion gegenüber. Tsp

Eine Liste aller Vorverkaufsstellen für die tägliche WM-Sonderausgabe dieser Zeitung finden Sie im Internet: www.tagesspiegel.de

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