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Filmstill aus dem belgischen Film „Golden Eighties“

© Cinémathèque royale de Belgique

„Film Restored“ in Berlin-Mitte: Filmerbe-Festival zeigt alte Streifen in neuer Qualität

Ein Drehbuch von Brecht, das zerbombte Berlin bei Rossellini, die „Golden Eighties“ im Kaufrausch: „Film Restored“ bringt alte Werke restauriert ins Kino.

Was würde Brecht wohl sagen? Die Verfilmung seiner auf der Bühne Triumphe feiernden „Dreigroschenoper“ hatte ihm nichts als Ärger eingebracht. Allzu frei waren die Produktionsfirma Nero-Film und Regisseur G. W. Pabst mit seinem Stoff umgegangen, hatten ihn verwässert, entschärft – Eingriffe, gegen die er sich vergeblich vor Gericht zur Wehr gesetzt hatte.

Und nun findet er sich mit genau diesem Herrn Pabst quasi Seite an Seite in einem Filmfestival wieder, mit seinem zweiten Ausflug ins Kinowesen, dem sozialkritischen Werk „Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?“ Na gut, nur posthum, aber musste das sein?

Ja, es musste, persönliche Ärgernisse haben Festivalprogramme nicht zu beeinflussen und schon gar nicht, wenn es sich, wie in dieser Woche, um die fünfte Ausgabe des Filmerbe-Festivals „Film Restored“ handelt: 21 Filme, an deren jüngst erfolgter Restaurierung Filminstitutionen aus 15 Ländern, darunter die Stiftung Deutsche Kinemathek, beteiligt waren, ergänzt durch zahlreiche Werkstattberichte und Expertengespräche.

Das Festival beginnt an 27. Oktober, dem Unesco-Welttag des audiovisuellen Erbes, mit einem nachmittäglichen Werkstattbericht über die Restaurierung des Films „Kuhle Wampe“, einem Klassiker des politischen Films, der am Abend im Kino Arsenal gezeigt wird.

Der Film des Regisseurs Slatan Dudow, zu dem Brecht mit Ernst Ottwalt und Dudow das Drehbuch und Hanns Eisler die Musik schrieb, konnte durch Zusammenarbeit der Deutschen Kinemathek, des British Film Institute und der Cinémathèque suisse digital restauriert werden. Ab 30. Oktober ist die von Atlas Film auf DVD und Blu-ray herausgebrachte Fassung auch zu kaufen.

Ein Zeltplatz in Müggelheim ist Hauptschauplatz des Films

Kuhle Wampe – so heißt noch heute ein Zeltplatz an der Großen Krampe in Müggelheim, der seinen Namen allerdings dem originalen, von 1913 bis 1935 bestehenden Zeltplatz am südlichen Ufer des Müggelsees entlehnt hat. Er ist einer der Hauptschauplätze des Films, ein besonders von proletarischem Publikum genutzter Erholungsort.

Proletarischer Film. „Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt“ von Slatan Dudow ist aus dem Jahr 1932, Bertolt Brecht schrieb am Drehbuch mit.

© Filmstill: Deutsche Kinemathek

Dazu die Zufluchtsstätte der obdachlos gewordenen Filmfamilie, doch angesichts „der in der Siedlung herrschenden lumpenkleinbürgerlichen Verhältnisse“, wie Brecht es nannte, alles andere als ein Paradies proletarischer Solidarität.

Der Film hatte seine Uraufführung am 14. Mai 1932 in Moskau, deutsche Erstaufführung war zwei Wochen später im Berliner Filmtheater Atrium in der heutigen Bundesallee, zwischen Berliner und Badenscher Straße. Einige Szenen fielen der Zensur zum Opfer und sind wohl endgültig verloren. Kurz nach Hitlers Machtübernahme wurde „Kuhle Wampe“ verboten.

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Mit dem Film ist Berlin gleich zum Start des Festivals hochpräsent, als Handlungs- wie Drehort. Weiter im Programm sind der im alten Prag spielende, doch ebenfalls in Berlin gedrehte Film „Der Golem, wie er in die Welt kam“ von Paul Wegener (1920) sowie Roberto Rossellinis 1947 im zerbombten Berlin gedrehter Film „Deutschland im Jahre Null“.

Viele Filme mit Berlin-Bezug

Filme mit Berlin-Bezug sind weiter Gerhard Lambrechts „Der Katzensteg“ (1927), der vor dem Hintergrund der Befreiungskriege Anfang des 19. Jahrhunderts spielt und in Tempelhof entstand, sowie Lupu Picks hier gedrehter Film „Das Haus der Lüge“ nach Ibsens „Die Wildente“ (1926).

Es werden aber auch neuere Filme ohne Berlinbezug gezeigt, so zum Beispiel „Golden Eighties“ (1986), ein belgischer Musikfilm von Chantal Akerman, in dem es um Themen wie Konsumismus, Feminismus und jüdische Identität geht, oder "Diese Briten, diese Deutschen. Zwei Filme – ein Dialog" (1989), ein filmischer Austausch zwischen Großbritannien und der DDR.

Und G. W. Pabst? Hatte 1932 in Frankreich gedreht, dort entstand kurz danach auch seine Cervantes-Adaption „Don Quichotte“, die 1933 in die Kinos kam und nun restauriert zu sehen ist. Der Auslandsdreh hat Pabst wohl das Leben gerettet: Nach Hitlers Machtergreifung kehrte er gar nicht erst nach Deutschland zurück.

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