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Kinder im Tempelhofer Flughafen

© Fabrizio Bensch, Reuters

Flüchtlingsunterkunft im Tempelhofer Flughafen: "Bei Duschen und Toiletten ist die Lage nach wie vor schlecht"

Sozialstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) warnt vor noch mehr Menschen in den alten Flugzeughallen in Tempelhof. Der Senat verbessert die ärztliche Hilfe - und setzt die Arbeiten zur Aufnahme weiterer Flüchtlinge vorerst aus.

Die Flüchtlingskrise zwingt den Senat zu immer neuen Schritten – diesmal im Ex-Flughafen Tempelhof. In den Hangars dort leben 2300 Flüchtlinge, ohne dass die in vielen anderen Asylbewerberheimen üblichen Standards herrschen. Weil jeden Tage immer noch Hunderte Flüchtlinge neu nach Berlin kommen, wollte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) bis zu 5000 Männer, Frauen und Kinder in den Zelten in den Flugzeughallen unterbringen. Von diesem Plan hat er jetzt vorerst Abstand genommen. Am Donnerstag wurden die Arbeiten zur Vorbereitung weiterer Hangars unterbrochen. Die Belegung mit Flüchtlingen werde aber weitergehen, sagte Czajas Sprecher Sascha Langenbach. Wann, konnte er nicht sagen.

„Das wären unhaltbare Zustände“, sagte die Tempelhofer Sozialstadträtin, Sibyll Klotz (Grüne). Unter diesen Bedingungen dort noch mehr Menschen unterzubringen, lehne sie ab. Es fehle vor allem an Waschmöglichkeiten. „Bei der medizinischen Versorgung hat sich zuletzt viel getan“, sagte Klotz. „Bei den Duschen und Toiletten ist die Lage aber nach wie vor schlecht.“

Noch dieses Jahr sollen dem Vernehmen nach 70 Duschen geliefert und angeschlossen werden. Viele Bewohner werden bislang zu Schwimmbädern oder anderen Sporteinrichtungen gefahren. Die Amtsärztin des Bezirks hatte die bewohnten Hangars nur geduldet: Mit Blick auf den Infektionsschutz muss immer wieder geprüft werden, ob Hunderte Familien im Ex-Flughafen nicht doch eine Gesundheitsgefahr darstellen.

Kliniken übernehmen schrittweise die Versorgung

Immerhin, nimmt man im Bezirk zur Kenntnis, dürfte sich die medizinische Versorgung weiter verbessern. Nach Tagesspiegel-Informationen werden nun Ärzte der landeseigenen Vivantes-Kliniken und des katholischen St.-Joseph-Krankenhauses in Tempelhof direkt im Ex-Flughafen arbeiten. Eine Vereinbarung mit den Behörden stehe vor der Unterzeichnung, hieß es, die Kliniken werden schrittweise die Versorgung übernehmen.

Dabei sollen Pflegekräfte und Ärzte je nach Zahl der Flüchtlinge aufgestockt werden. Vereinfacht sind für 100 Asylbewerber zwölf Arbeitsstunden jede Woche geplant. Wahrscheinlich werden Dutzende Mediziner, Schwestern und Pfleger in Tempelhof helfen. „Mit medizinischem Können tragen wir nach Kräften dazu bei, eine Ausnahmesituation zu meistern“, sagte Thomas Poralla, Ärztlicher Direktor des St.-Joseph-Krankenhauses.

Viele arbeiten ehrenamtlich

Vivantes-Ärzte arbeiten schon seit Monaten in anderen Unterkünften. Die Einsätze werden dem Senat in Rechnung gestellt. Im Oktober hatte Senator Czaja mit der Charité ausgehandelt, dass deren Mediziner im Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Moabit die ärztliche Versorgung übernehmen. Die Universitätsklinik war darum gebeten worden, nachdem im Sommer bis zu 1000 Flüchtlinge vor dem Lageso in Moabit auf Einlass warteten.

Weil die Krankenhäuser in Berlin über zu wenig Personal klagen, was insbesondere für Schwestern und Pfleger gilt, können die Kliniken nicht allein die 75 000 Flüchtlinge versorgen, die 2015 gekommen sind. Und so gilt für die Einsätze der Ärzte, was auch auf Sozialarbeiter und Dolmetscher zutrifft: Ohne ehrenamtliche Hilfe – auch durch Pflegekräfte und Mediziner im Urlaub oder in Rente – wäre die Lage in vielen Unterkünften viel schlechter. Durch die geplante Gesundheitskarte sollen Flüchtlinge bald unkomplizierter zu Arztpraxen gehen können. Tausende Asylbewerber in Berlin leben in Mietwohnungen.

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