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Berlin: Frank Steffel: Harte Worte

Der CDU-Spitzenkandidat Frank Steffel soll als Schüler ausländer- und behindertenfeindliche Sprüche geklopft haben. Er wollte sich gestern aber nicht zu diesen "Jugendsünden" äußern.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Der CDU-Spitzenkandidat Frank Steffel soll als Schüler ausländer- und behindertenfeindliche Sprüche geklopft haben. Er wollte sich gestern aber nicht zu diesen "Jugendsünden" äußern. Die Hamburger Zeitschrift "Max" zitiert in ihrer jüngsten Ausgabe ehemalige Mitschüler. "Schwarze hat er grundsätzlich als Bimbos bezeichnet, Türken als Kanaken, Behinderte waren Mongos". Eine Lehrerin sei "Kommunistenschlampe" genannt worden, weil sie einen Lada fuhr, und auf dem Fußballplatz habe er gebrüllt: "Haut sie um, die Türken". Ein Sportskamerad, so "Max", habe sich daran erinnert.

Über diese Äußerungen liegt der Illustrierten eine eidesstattliche Versicherung vor. Steffel hingegen sprach von "frei erfundenen Teenagergeschichten". Dies sei Teil eines Wahlkampfkonzepts interessierter politischer Kreise. Nun falle dem politischen Gegner offensichtlich nichts anderes mehr ein. Mit den Zitaten aus seiner Schulzeit sei er nie konfrontiert worden, behauptete der CDU-Mann. Nach Auskunft des Leitenden Redakteurs von "Max", Georg Streiter, haben die Autoren des Berichts Steffel sehr wohl mit den Aussagen seiner Schulkameraden konfrontiert. Und zwar am 15. August dieses Jahres; das Gespräch sei auf Tonband aufgezeichnet worden.

Von der Sprecherin der CDU-Abgeordnetenhausfraktion, Christina Uhl, wurde aus diesem Gespräch folgende Stellungnahme Steffels zur Veröffentlichung freigegeben: "Ich würde nicht sagen, so etwas habe ich nicht gesagt. Aber mich wundert, was alles im Wahlkampf verzerrt werden kann. Einem Jugendlichen rutscht so etwas schon mal raus. Ich habe keine Probleme oder Berührungsängste mit Minderheiten. Erst bei einer Reise nach Südafrika hat mir jemand gesagt, dass man Schwarze nicht Neger nennen darf. Seitdem halte ich mich daran". Die bezirkliche Ausländerbauftragte Emine Demibürken sprang dem Parteifreund Steffel gestern zur Seite. Über Vorwürfe dieser Art sei der CDU-Spitzenkandidat "in jeder Hinsicht erhaben". Demibürken bescheinigte ihm nicht nur en offenes und herzliches Wesen, sondern auch "interkulturelle Kompetenz".

Mit Berichten früherer Klassenkameraden, Steffel sei als Gymnasiast rüpelhaft aufgetreten und habe einen Tadel erhalten, weil er eine ausländische Mitschülerin beleidigt habe, wurde Steffel schon im Juni im Tagesspiegel-Interview konfrontiert. "Daran kann ich mich nicht erinnern", antwortete der 35-jährige CDU-Politiker vor zwei Monaten. Solche Vorwürfe seien "ja wohl lächerlich". Er habe auch in seinem ganzen Leben noch nie jemanden verprügelt, "weil ich meistens schneller renne". Eine Tagesspiegel-Leserin stellte daraufhin das Erinnerungsvermögen Steffels in Frage. "Wie auch einige andere Nordberliner des Jahrgangs 1966 kann ich mich nur zu gut daran erinnern, wie er bereits im zarten Kindesalter vermeintliche Konkurrenten und vor allem Konkurrentinnen kräftig in die Mangel bzw. den Schwitzkasten zu nehmen pflegte", steht in einem Brief an die Redaktion.

Auch bei einem Rundgang durch Betriebe türkischstämmiger Unternehmer Anfang August zeigte Steffel, dass er seine Jugendzeit teilweise anders in Erinnerung hat als manche Zeitgenossen. Die Begegnung mit türkischen Sportlern habe er in jungen Jahren als "sehr befruchtend" empfunden, sagte er dort den anwesenden Journalisten. Dass er ein "lockeres Mundwerk" hat und gern schnoddrige Sprüche macht, hat der CDU-Spitzenkandidat jedoch nie bestritten. Im Parlament ist er seit 1991 ein fleißiger Zweischenrufer, der aber nicht durch besonders markige Sprüche auffiel. Steffel wandelte sich in seiner politischen Karriere vom stramm konservativen CDU-Jungmann inzwischen zu einem eher liberalen Wirtschaftsexperten der Union.

Sozialdemokraten und PDS enthielten sich gestern jeder Stellungnahme. "Wenn die Vorwürfe stimmen, muss man sie nicht kommentieren", sagte PDS-Fraktionssprecher Günter Kolodzej. "Wenn sie nicht stimmen, sowieso nicht". Nur die Spitzenkandidatin der Grünen, Sibyll Klotz, forderte von Steffel eine "klare Distanzierung" von seinen angeblichen Äußerungen in der Schulzeit. Dies könne nicht als Jugendsünde abgetan werden. Darin komme eine Grundhaltung zum Ausdruck, die in völligem Kontrast zum Selbstbild eines angeblich weltoffenen Politikers stehe. Der CDU-Führungsstab um Steffel reagierte auf die "Max"-Veröffentlichung mit Krisensitzungen bis zum Abend. Weitere Stellungnahmen wurden nicht abgegeben.

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