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Berlin: Frauen-Quote für den Stadtplan

Mitte benennt Straßen vorerst nur noch nach weiblichen Berühmtheiten – bis ein Gleichgewicht mit Männernamen hergestellt ist

Die Ungerechtigkeit ist erkannt, nun wird sie beendet: Straßen in Mitte werden nur noch nach Frauen benannt. Solange, bis ein Gleichgewicht mit den männlichen Straßennamen erreicht ist. Derzeit liegt das Verhältnis bei „eins zu zehn“, sagt Volker Hobrack, Vorsitzender des Unterausschusses Straßenbenennung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte, die das am 16. Juni beschlossen hatte. Aber in Mitte wird viel gebaut, da kann das schnell gehen.

Allein rund um den Lehrter Bahnhof entstehen 13 neue Straßen, die auf Namen warten. Doch da hat sich die Bahntochter Vivico, Eigentümerin des Areals, schon eingemischt. Man würde bei der Straßenbenennung gerne mitreden. Wie Unternehmenssprecher Wilhelm Brandt sagt, wolle man bei der Namensgebung mehr auf Internationalität und Mobilität setzen als auf Frauenquote – wobei das einander ja nicht ausschließe. Da das Unternehmen keinerlei Anrecht auf Mitsprache hat, ist man froh, dass das Bezirksamt sich kooperativ zeigt. Bis August will man Vorschläge einbringen.

Schon jetzt stolpert das Auge beim Blick auf den Stadtplan Mitte über viele neue Straßen: Da gibt es die Cora-Berliner-, Hannah-Arendt- oder Gertrud-Kolmar-Straße, den Inge-Beisheim-Platz, ein Straßenschild für eine Helga-Hahnemann-Straße, zu der aber die Straße noch fehlt. Sie soll hinter dem Friedrichstadtpalast Richtung Tacheles führen. Die anderen vier Namen finden sich zwischen den Ministergärten und dem Potsdamer Platz. Der Inge-Beisheim-Platz hat dabei eine Sonderrolle. Den Bereich hinter dem Beisheim-Center gehört dessen Bauherrn Otto Beisheim, und der wollte den privaten, aber öffentlich zugänglichen Platz nach seiner Frau benennen.

Laut Hobrack werden wegen der Frauenquote im Straßenbenennungswesen einige Herren warten müssen, bis ihr Name zur Orientierung dient: Aus dem von der FDP beantragten Bernhard-Weiß-Platz am Bahnhof Friedrichstraße wird der Dorothea-Schlegel-Platz, und eine neue Straße auf dem Friedrichswerder wird zur Caroline-von-Humboldt-Straße. Eine Liste von etwa zehn Frauennamen liegt dem Straßenbenennungsausschuss vor. Darunter die Namen von Deutschlands erster Bibliothekarin Bona Peiser, von der Historikerin Elisabeth Abegg oder der jüdischen Künstlerin Julie Wolfthorn. Ausnahmen seien aber möglich.

Jede Behörde, jeder Bürger kann Straßennamen vorschlagen. Voraussetzung ist, dass die solchermaßen zu ehrende Person mindestens fünf Jahre lang tot ist, dass sie von Rang und Namen ist und ihr Name im Berliner Straßenverzeichnis nicht schon auftaucht. All dies überprüft die Verwaltung. Das Prozedere dauere insgesamt „mehrere Monate“, wie Straßenamtsleiter Harald Büttner sagt. Und wenn es um ausländische Personen geht, noch länger. Dann würden auf internationaler Ebene, zwischen Diplomaten und Außenministerien Gespräche geführt, bevor das Benennungsverfahren startet. Sorge, dass es nicht genug berühmenswerte Frauen geben könnte, um den Vorsprung von Männernamen im Stadtplan aufzuholen, hat Büttner nicht. Deren Verdienste um Wissenschaft, Sport oder Kultur seien nur nicht bekannt genug. Noch nicht.

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