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Berlin: Fröhlich sein und tanzen

Wie die neuen Loveparade-Chefs Rainer Schaller und Maurice Maué dem Techno-Umzug zu Ansehen verhelfen wollen

So sieht der Neuanfang aus: Das Klingelschild ist handgeschrieben, in den Büros stapeln sich Umzugskartons, die meisten Schreibtische und Telefone sind noch unbenutzt. Dazwischen verlieren sich auf der weitläufigen Kreuzberger Büroetage eine Hand voll Mittdreißiger, die eine gelassene Geschäftigkeit ausstrahlen.

Es ist die Ruhe vor dem Sturm: Ab kommender Woche sollen 30 Mitarbeiter in die Räume am Tempelhofer Ufer einziehen. Ihr Job: In gut drei Monaten jenes Projekt wieder zum Leben zu erwecken, das in der Rangfolge der jenseits der Stadtgrenzen wahrgenommenen Berliner Großereignisse gleich nach dem Mauerfall kommt: die Loveparade.

In zwei Sesseln neben einem Umzugskistenstapel sitzen Rainer Schaller (37) und Maurice Maué (32). Die beiden kurz- beziehungsweise kahl geschorenen Männer mit den fitnessgestärkten Körpern sind die neuen Köpfe der Parade. Nachdem der 1989 gestartete Techno- Umzug mangels Sponsoren zwei Jahre lang ausgefallen und schon für tot erklärt worden war, bemüht sich das dynamische Geschäftsführer-Duo jetzt erstmal um Imagepflege. „Die Loveparade ist in Deutschland immer noch angesagt“, sagt Rainer Schaller mit beschwörender Stimme und einem Zungenschlag, der seine fränkische Herkunft verrät. Und dann erzählen beide begeistert von der großen Resonanz, die sie erfahren haben, seitdem Schaller zu Jahresbeginn als geschäftsführender Gesellschafter die am Boden liegende Loveparade GmbH und die damit verbundene Veranstaltungsfirma Planetcom übernommen hat.

Mehr als 300 Bewerbungen von Clubs aus aller Welt und anderen Akteuren aus der elektronischen Tanzmusikszene lägen schon vor, sagt Maué, der als Vizegeschäftsführer und Pressesprecher fungiert – fast zehn Mal so viel wie Umzugswagen geplant waren. Jetzt wollen die beiden die Zahl der gratis von der Loveparade GmbH gestellten Lkws auf bis zu 50 erhöhen, von denen aus am 15. Juli die Menge beschallt werden soll.

Die Loveparade-Chefs wirken wie zwei unternehmungslustige Jungs, die einen Abenteuerurlaub vom Alltag angetreten haben. Vor allem für Schaller ist das Unternehmen eine willkommene Abwechslung von seinem Job als Chef der von ihm gegründeten Sportstudio-Kette McFit mit inzwischen 800 Mitarbeitern. Die Aufgabe beanspruchte bislang nicht nur seine ganze Zeit, sondern machte ihn auch so reich, dass er ohne Probleme eine Million Euro in die Parade investieren kann. Notfalls auch mehr, falls die ab kommender Woche offiziell beginnende Suche nach weiteren Sponsoren ähnlich erfolglos endet wie in den Vorjahren.

Davon gehen die beiden aber nicht aus, im Gegenteil. „Die Szene lebt“, sagt Maurice Maué, und Schaller erzählt, dass zur Parade von jeder der bundesweit rund 60 McFit-Filialen Busse nach Berlin fahren, weil das Interesse der Fans enorm sei. „Unser E-Mail-Verteiler quillt über, alle wollen mitmachen“, sagt Schaller, der aus einer Musikerfamilie kommt und mit elektronischer Tanzmusik groß geworden ist. Vorerst bis zum Paradentag haben die beiden ihren Wohnsitz nach Berlin verlegt. Noch schlafen sie im Hotel, aber demnächst wollen sie eine Wohnung in Kreuzberg beziehen. Ihre Freundinnen daheim in Nürnberg und dem nicht weit entfernten Schlüsselfeld sehen sie in dieser Zeit nur selten. Und nur an einem Tag pro Woche kehrt Schaller in sein Geschäftsführerbüro bei McFit zurück.

Mit einer Charme-Offensive wollen die beiden jetzt das ramponierte Bild der Loveparade wieder in Ordnung bringen. „Wir zeigen allen, wie ernst wir es meinen und wie zuverlässig wir sind“, sagt Maurice Maué. So übernehmen sie die Garantie, nach der Parade den Tiergarten aufzuräumen, was früher stets ein Zankapfel mit der Stadt war. Auch dem Drogenkonsum auf der Parade haben sie den Kampf angesagt. „Die Loveparade braucht ein gutes Image“, sagt Schaller und begründet das ganz offenherzig auch damit, dass McFit bei seiner geplanten Europa-Expansion mit der Parade für sich werben will. Da braucht man Bilder von fröhlich tanzenden, sportlich aussehenden Menschen, nicht von Drogenexzessen oder Müllbergen. Ein Einvernehmen suchen die beiden auch mit jener Gruppe, die nach dem vermeintlichen Aus der Loveparade einen Ersatzumzug namens B-Parade veranstalten wollte. Einmal habe man sich schon in konstruktiver Atmosphäre getroffen, sagen sie diplomatisch, jetzt wolle man schauen, ob man in Teilen kooperieren kann.

An der Wand des neuen Büros hängen wie als Ansporn für den 15. Juli Luftbilder früherer Loveparaden, als der Umzug noch Hunderttausende anzog. Eines davon sah Schaller vor zwei Jahren bei einem Besuch in Buenos Aires, erzählt er. Da sei ihm aufgegangen, wie das Ereignis auch international beachtet ist. Das will er jetzt auch den Berlinern vermitteln.

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