zum Hauptinhalt

Frühgriechischer Helm: Ein sehr alter Hut darf bleiben

Italien scheitert vor dem Verwaltungsgericht: Frühgriechischer Helm muss nicht zurückgegeben werden. Der Anspruch ist verjährt

Von Fatina Keilani

Ein außergewöhnlicher Prozess beschäftigte am Donnerstag das Verwaltungsgericht. Gegenstand des Streits war ein frühgriechischer Helm aus dem 6. oder 7. Jahrhundert vor Christus, den der 2001 verstorbene Berliner Unternehmer und Kunstsammler Axel Guttmann besessen hatte. Angeblich kaufte er ihn für 1,15 Millionen Mark. Der Helm soll aus einer Raubgrabung 1993 in Apulien stammen und mithilfe italienischen Schlafwagenpersonals über die Grenze nach Deutschland gebracht worden sein.

Das historische Stück, genauer ein „Kegelhelm aus Bronze mit Pferdeaufsatz und Glasaugen“, verlangte die Republik Italien als geschütztes Kulturgut heraus – erfolglos. Das Gericht wies die Klage ab. Der Anspruch sei verjährt.

Gestützt wurde die Klage auf das Kulturgüterrückgabegesetz, mit dessen Schaffung Deutschland eine EU-Richtlinie umsetzte, die auch für Italien gilt. Danach sind unrechtmäßig ausgeführte Kulturgegenstände dem Ursprungsland zurückzugeben. Allerdings gelten dafür Bedingungen: Erstens muss der Gegenstand durch staatlichen Akt als nationales Kulturgut klassifiziert worden sein, und zweitens darf der Anspruch nicht verjährt sein. Dies geschieht schon nach einem Jahr.

Zum ersten Punkt, nämlich ob Italien den Helm überhaupt in eine nationale Kulturgüterliste aufgenommen hatte, trugen die Klägervertreter nichts vor. Auch bei der Verjährungsfrage konnten sie nicht überzeugen. Denn Italiens Behörden bekamen schon 2002 Kenntnis von dem Helm und seinem Besitzer. Zu diesem Zeitpunkt begann nach Überzeugung des Verwaltungsgerichts die Frist zu laufen. Damals aber interessierte sich nur die italienische Strafjustiz für die Sache. Sie wollte mutmaßlichen Grabräubern den Prozess machen und den Helm als Beweismittel sichern. Deshalb ersuchte sie Deutschland um Rechtshilfe. Die Berliner Polizei beschlagnahmte den Helm und übergab ihn 2004 der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zur sachgemäßen Aufbewahrung. Das italienische Strafverfahren aber verlief im Sande.

Wie der Helm vom beschlagnahmten Beweisstück zu einem nationalen Kulturgut wurde, blieb unklar; jedenfalls verlangte Italien das Stück irgendwann heraus und reichte im August 2008 Klage gegen das Land Berlin und gegen Guttmanns Testamentsvollstrecker ein. Aber sprach man überhaupt vom selben Helm? „Fakt ist: Ihr Helm soll Glasaugen haben. Dieser Helm hat keine Glasaugen“, hielt Anwalt Walter Kaiser den Klägervertretern entgegen. Auch das Gericht schien nicht überzeugt, dass beide Parteien vom selben Objekt sprachen. Denn der restaurierte Helm wurde in einem 1994 erschienenen Bildband präsentiert, der zu Guttmanns 50. Geburtstag herausgegeben wurde. Guttmann verschickte das Buch in alle Welt. „Dass man den Helm 1993 findet, nach Deutschland bringt, ihn für den Käufer auf Echtheit prüfen und restaurieren lässt und er dann schon 1994 in einem dreibändigen Werk über die Sammlung Guttmann auftaucht – das scheint uns ein Indiz, dass der Ankauf schon viel früher erfolgt sein muss“, so Richter Wilfried Peters. Anwalt Kaiser hatte vorgetragen, der Kauf habe schon 1989 oder 1990 stattgefunden.Fatina Keilani

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false