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Für mehr Sicherheit in Berlin: Waffen- und Messerverbotszonen an Görli, Kotti und Leo treten in Kraft
Ab Sonnabend gibt es in Kreuzberg und in Wedding erstmals dauerhafte Waffen- und Messerverbotszonen. Berlins Senat hatte sie im Dezember beschlossen.
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Im Görlitzer Park, am Kottbusser Tor und am Leopoldplatz werden ab Sonnabend dauerhafte Waffen- und Messerverbotszonen eingerichtet. Eine entsprechende Verordnung hatte der schwarz-rote Senat im Dezember auf Vorlage von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) beschlossen.
In den Verbotszonen in Kreuzberg und Wedding ist es ist dann verboten, Waffen und Messer dabei zu haben. Betroffen sind auch Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen, selbst wenn die Besitzer durch einen „Kleinen Waffenschein“ die Waffen in der Öffentlichkeit mit sich tragen dürfen.

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Bei Messern sind grundsätzlich auch Taschen- und Küchenmesser betroffen. Ausnahmen gibt es für Gastronomen, Retter und Polizei. Bei öffentlichen Veranstaltungen in diesen Bereichen werden die Ausnahmen strenger geregelt.
Bis zu 10.000 Euro Bußgeld
Möglich ist das Verbot durch die Ende Oktober in Kraft getretene Novelle des Waffengesetzes auf Bundesebene. Von der Berliner Rechtsverordnung sind nun öffentliche Straßen, Wege und Plätze, aber auch Busse, U-Bahnen und die U-Bahnhöfe Görlitzer Park, Kottbusser Tor und Leopoldplatz erfasst. Ein Verstoß gegen das Verbot in den Zonen ist eine Ordnungswidrigkeit, es droht eine Geldbuße von bis zu 10.000 Euro. Zudem können die verbotenen Gegenstände eingezogen werden.
„Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass zu viele Messer, dass zu viele Waffen im Einsatz sind“, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im Dezember. Er sprach in Hinblick auf die drei Verbotszonen von einem „ersten Schritt“, dem weitere folgen könnten. „Entscheidend ist für mich die Umsetzbarkeit. Wir müssen das kontrollieren.“ Dabei werde es keine Ausnahmen geben. „Wer in diesen Messerverbotszonen mit einem Messer erwischt wird, dem wird das Messer abgenommen. Punkt“, sagte der CDU-Politiker. „Ich finde, dass wir hier handeln, ist für viele Menschen wichtiger als das kleine Taschenmesser, das keiner mehr mitführen darf.“
Innensenatorin Spranger sagte: „Ich halte Wort, um die Sicherheit in Berlin zu stärken. Wir ermöglichen damit verdachtsunabhängige Kontrollen durch Polizei in den Waffenverbotszonen.“ Die Polizei sei damit in der Lage, „die Einhaltung des Waffen- und Messerverbots stichprobenartig zu kontrollieren“.
Die Verbotszonen stigmatisieren bestimmte Orte und lenken von der Notwendigkeit einer Gesamtstrategie gegen die Verelendung im ganzen Stadtgebiet ab.
Vasili Franco, innenpolitischer Sprecher der Grüne-Fraktion im Abgeordnetenhaus
Die Verbotszonen in Kreuzberg und Wedding simulierten Sicherheit, sagte Grüne-Innenexperte Vasili Franco. „Sie stigmatisieren bestimmte Orte und lenken von der Notwendigkeit einer Gesamtstrategie gegen die Verelendung im ganzen Stadtgebiet ab.“ Kontrollen ohne Verdachtsmoment seien an kriminalitätsbelasteten Orten bereits erlaubt, aber wenig effektiv, personalintensiv und ein Einfallstor für Racial Profiling. Die Polizei habe in der Hauptstadt sicherlich Besseres zu tun. „Im schlimmsten Falle werden dann ab nächstem Sommer Familien beim Grillfest im Park behelligt, weil man die Verbotszonen durchsetzen müsse“, sagte Franco.
„Placebo“: Selbst die Gewerkschaft der Polizei ist skeptisch
Auch Linke-Innenexperte Niklas Schrader zeigte sich skeptisch. „So etwas ist kaum effektiv durchzusetzen, daher ergibt das wenig Sinn“, sagte Schrader. „Besser wäre es, wenn der Senat endlich auf ein Verkaufsverbot für Böller und ein strengeres Waffenrecht hinwirken würde.“
Selbst in der Polizei treffen die Verbotszonen nicht auf Begeisterung. „Messerverbotszonen sind der große Wurf, den sich die Bundespolitik überlegt hat, um die ausufernde Gewalt mit Messern in unserem Land einzudämmen“, sagte Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin. „Es war leider zu erwarten, dass die Innensenatorin hier nicht lange warten wird.“ Jendro bezeichnete die Verbotszonen als Placebo. Ausschlaggebend für die Gesetzesänderungen seien der Mord an dem Polizisten Rouven L. in Mannheim und die Messertaten von Brokstedt und Solingen gewesen.
„Aber kein Terrorist und auch kein Schwerstkrimineller lässt sich von Verbotsschildern abhalten“, sagte Jendro. Deshalb bleibe die GdP skeptisch. Die Zonen seien „unglaublich personalintensiv“. Die Messertaten der vergangenen Monate verteilten sich über die ganze Stadt. „Wir brauchen ein generelles Trageverbot in der Öffentlichkeit, denn Messer machen Mörder“, sagte der GdP-Sprecher.
Neue Sondereinheit beim LKA
Die Verbotszonen sind Teil eines Strategiepaketes gegen Messergewalt. Dazu gehört auch eine neue Sondereinheit, die jetzt beim Landeskriminalamt (LKA) die Arbeit aufgenommen hat. Sie soll alle Messertaten erfassen und gebündelt auswerten. Damit führt die Polizei ein systematisches Monitoring zur Messerkriminalität ein, um schnell auf Veränderungen – Hotspots, neue auffällige Täter – reagieren zu können.
Mit den Daten sollen besonders aggressive und gefährliche Täter künftig schneller und frühzeitiger identifiziert werden, die bei Straftaten andere mit dem Messer bedrohen oder sogar zustechen. Dann sollen sogenannte täterorientierte Maßnahmen früher und schneller anlaufen. Generell sollen Täter längerfristig beobachtet werden, bei Strafurteilen Waffentrageverbote erwirkt oder der Entzug der Fahrerlaubnis in die Wege geleitet werden.
Verbotszone Görlitzer Park

© Senatsverwaltung für Inneres und Sport.

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Die Verbotszone im Detail:
- Görlitzer Straße gesamt (ohne die Gebäude im Norden, das heißt bis zu deren Baufluchtlinie)
- Gehwege, Fahrbahnen, Grünflächen, Sport- und Spielplätze des öffentlich zugänglichen Görlitzer Ufers zwischen Görlitzer Straße und Wiener Straße, einschließlich der anliegenden Brücke über den Landwehrkanal
- Lausitzer Platz 1-17
- Skalitzer Straße 31-28, 48, 94A-95A sowie 96-108 (ohne Gebäude)
- Waldemarstraße 119 (ohne Gebäude) und
- Wiener Straße gesamt (ohne Gebäude im Süden, das heißt bis zu deren Baufluchtlinie)
Verbotszone Kottbusser Tor

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Die Verbotszone im Detail:
- Adalbertstraße 1-5 (Fahrbahn und Gehweg einschließlich der dazugehörigen Zuwege zu Höfen und Höfe, auf denen tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet),
- Adalbertstraße 6 (Gehweg bis zur Baufluchtlinie des Gebäudes),
- Adalbertstraße 96 (angrenzend an die Baufluchtlinie des Gebäudes Nummer 95) bis Adalbertstraße 98,
- Dresdener Straße 8-12 (nur Fahrbahn und Gehweg bis zur Baufluchtlinie der Gebäude),
- Dresdener Straße 127-128 (einschließlich Spielplatz Dresdner Straße 127 und Grundstück Dresdner Straße 128 ),
- Kottbusser Straße 1 (nur Fahrbahn und Gehweg in Baufluchtlinie zum Gebäude der Reichenberger Straße 18),
- Reichenberger Straße 9-10 sowie 18 (jeweils nur Fahrbahn und Gehweg bis zur Baufluchtlinie der Gebäude),
- Reichenberger Straße 170-177 (Fahrbahn und Gehweg einschließlich der dazugehörigen Zuwege zu Höfen und Höfe, auf denen tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet),
- Skalitzer Straße 6 (Fahrbahn und Gehweg in Baufluchtlinie zum Gebäude Kottbusser Straße 1) und
- Skalitzer Straße 133-138 (Fahrbahn und Gehweg einschließlich der dazugehörigen Zuwege zu Höfen und Höfe, auf denen tatsächlich öffentlicher Verkehr stattfindet)
Verbotszone Leopoldplatz

© Senatsverwaltung für Inneres und Sport.

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Die Verbotszone im Detail:
- Leopoldplatz (der öffentlich zugängliche Park mit seinen Grünflächen, Spielplätzen) ausgenommen der darauf befindlichen Gebäude (Neue Nazarethkirche; Alte Nazarethkirche)
- Maxstraße zwischen Nazarethkirchstraße und Schulstraße (Grünflächen, Gehwege und Fahrbahn ohne die Gebäude im Nordosten, das heißt bis zu deren Baufluchtlinie)
- Schulstraße zwischen Maxstraße und Müllerstraße (Grünflächen, Gehwege und Fahr-bahnen ohne die Gebäude im Südosten, das heißt bis zu deren Baufluchtlinie)
- Müllerstraße zwischen den Zu- und Abgängen des U-Bahnhofes Leopoldplatz (öffentlich zugänglicher Bereich auf Höhe der Grundstücke Müllerstraße 153 und Müllerstraße 25 im Südosten einschließlich Fahrbahnen und Gehwege) und der Nazarethkirchstraße (Gehwege und Fahrbahn ohne die Gebäude im Südwesten, das heißt bis zu deren Baufluchtlinie) und
- Nazarethkirchstraße zwischen Müllerstraße und Maxstraße (Grünflächen, Gehwege und Fahrbahn ohne die Gebäude im Nordwesten, das heißt bis zu deren Baufluchtlinie
- BVG
- CDU
- Friedrichshain-Kreuzberg
- Görlitzer Park
- Iris Spranger
- Kai Wegner
- Kottbusser Tor
- Mitte
- Polizei
- Silvester
- SPD
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