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Berlin: Furchtlos auf Monsterjagd

Ahmet, der Sohn von Frank Zappa, hat ein Kinderbuch geschrieben – und lässt seinen Vater auferstehen

Monster sind anscheinend leicht auszutricksen. Wenn der siebenjährige Ahmet ins Bett ging, machte er sich so flach wie möglich. Die Bettdecke musste seine Mutter immer ganz glatt streichen. Und das Kopfkissen legte er sich aufs Gesicht – „damit die Monster nur ein gemachtes Bett sahen, wenn sie durchs Fenster schauten“, erklärt Ahmet Zappa heute – 25 Jahre später. Als kleiner Junge sah er in allen Fensterscheiben teuflische Fratzen. „Ich war überzeugt, dass die Monster mich holen würden.“

Doch das taten sie niemals, die List funktionierte wohl. Heute, mit 32, findet Ahmet Monster „cool“ – und hat eine monstermäßiges Kinderbuch geschrieben: „Die fabelhaften Monsterakten der furchtlosen Minerva McFearless“. Am Dienstagabend stellte Ahmet Zappa das Buch gemeinsam mit Charlotte Roche in der Kalkscheune in der Johannisstraße in Mitte vor.

Die Moderatorin liest für den Amerikaner aus der deutschen Version des Buches von Minerva und ihrer Familie. Die ist nicht normal. Ganz und gar nicht. Die McFearlesses sind nämlich Monsterjäger. „Minis“ Vater Manfred ist „der furchtloseste McFearless der Welt“ und ein „Monsterminator“. Der „Beruf“ wird in der Familie vererbt, seit Minervas Urururgroßvater Maximilius eine Enzyklopädie der Monsterheit fand. Als Miranda mit neun Jahren das Familiengeheimnis erfährt, will sie unbedingt ebenfalls Monsterminator werden.

Auch Ahmets Familie ist alles andere als normal. Obwohl die Zappas keine Monsterjäger sind. Ahmets Vater war Frank Zappa, die Rocklegende. Anfang der Siebziger wurde er zur Pop-Ikone – mit einem Bild, das ihn mit heruntergelassener Hose auf der Toilette zeigt. In der Kalkscheune sitzen Charlotte Roche und Ahmet Zappa unter einem großen Bild: Das sei Minervas sagenumwobener Ahne Maximilius, erklärt Charlotte augenzwinkernd. Was sie dem Publikum nicht erzählt: Das Foto stammt aus dem Familienalbum der Zappas.

Rockstar Frank Zappa: Herabhängender Schnauzbart über einem grinsenden Mund. Am Kinn ein Spitzbart. Dazu ein glänzender Zylinder und eine Sonnenbrille. So steht der 1991 verstorbene Musiker Pate für den obersten und besten Monsterbekämpfer, der in Ahmets Geschichte von den Toten aufersteht. „Dad war mein Held und ich vermisse ihn“, sagt Ahmet im Interview gestern Nachmittag. Deshalb komme er im Buch vor. „Aber Dad ist nicht Maximilius.“ Das Buch dürfe man trotz einiger Parallelen nicht allzu autobiografisch lesen. Trotzdem war auch Frank Zappa ein erstklassiger Monstervertreiber: Um die Ungeheuer vom Fenster des Sohnes zu verscheuchen, sah er sich mit dem kleinen Ahmet Unmengen Gruselfilme an. Und lachte ausgiebig über die Filmmonster in ihren schlecht zusammengestückelten Kostümen. Bis er den kleinen Ahmet überzeugt hatte: Monster sind komisch und nicht unheimlich – meistens.

Fasziniert von Ungeheuern ist Ahmet aber nach wie vor. „Ich zeichne seitdem jeden Tag Monster.“ Das Ergebnis ist auf jeder Seite seines Buches zu sehen – gleich mehrfach. Und auch bei der Lesung drückt ihm Charlotte Roche Block und Stift in die Hand: „Damit er sich nicht langweilt, er kann ja offensichtlich kein Wort Deutsch.“ Das hält ihn aber nicht davon ab, immer wieder in Charlotte Roches Pausen zu brabbeln. In einem unverständlichen Kauderwelsch, das er anscheinend für Deutsch hält. Oder ist es „monströsisch“? Minerva spricht diese „Geheimsprache der Monster“ auf jeden Fall. „Leider ist meine Aussprache nicht so gut“, liest Charlotte Roche aus dem Buch. „Ich höre mich dabei an, als versuchte ich mit zwei verhungerten Wieseln zu gurgeln, die in meiner Kehle um eine Blechdose mit Erdnüssen kämpfen.“

„Eddnüschn keffn“, echot Ahmet wie ein wenig sprachbegabter Papagei und schenkt seine Zeichnung einem kleinen blonden Mädchen in der ersten Reihe. Dann rückt er seine Perücke zurecht. Das buschige Kunsthaarteil war der Grund, warum er am Nachmittag zu spät zum Interviewtermin gekommen war: Er sah die Halloween-Dracula-Perücke und musste sie einfach kaufen. Seitdem trägt er sie über der Glatze – falschherum.

Für die unbequemen Nächte in der Kindheit haben die Monster Ahmet Zappa inzwischen entschädigt: Die Filmrechte hat er für 1,5 Millionen Dollar an Disney verkauft. Ein zweites Buch ist in Arbeit, das dritte geplant. Dabei wollte er eigentlich nur ein paar Rezepte veröffentlichen, wie man sich gegen Monster verteidigen kann: für alle verängstigten Kinder die flach in ihren Betten liegen.

Ahmet Zappa: Die fabelhaften Monsterakten der furchtlosen Minerva McFearless. Ravensburger Buchverlag, 224 Seiten, 16,95 Euro

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