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Bei den Spielen der deutschen Mannschaft gegen Italien und Frankreich war es besonders voll.

© Paul Zinken/dpa

Fußball-EM in Berlin: Bilanz der Fanmeile: Nur bei Deutschland-Spielen voll

Die Bilanz der EM fällt in Berlin gespalten aus: Viele Wirte profitierten nur bei Deutschland-Spielen. Und auf der Fanmeile war das nicht das einzige Problem.

Ab Montag werden die Leinwände auf der Fanmeile abgebaut, die Straße des 17. Juni vom Großen Stern bis zum Brandenburger Tor am Mittwoch wieder freigegeben für ihre eigentliche Bestimmung. Am letzten Tag der Fanmeile bestimmten Franzosen und Portugiesen das Bild, auch deutsche Touristen wollten das Finale sehen. Eine Fußballfest-Stimmung kam jedoch nicht wirklich zustande. Die Veranstalter sprachen von mehreren zehntausend Besuchern, die Polizei von einer Auslastung von 60 Prozent. Eine Besucherbilanz für die Meile insgesamt will Anja Marx, Sprecherin des Fanmeilen-Organisators Willy Kausch, erst am Montag nennen. Viel war los, wenn die deutsche Nationalmannschaft spielte, eher wenig, wenn andere gegeneinander antraten.

Alles nur Stammgäste

Die Rückkehr zum Normalbetrieb dürfte die Wirte der Stadt kaum schmerzen: Viele warben mit der Möglichkeit, auf mehr oder weniger großen Schirmen die Fußballspiele zu verfolgen. Doch war die EM wohl nicht der ganz große Umsatzbeschleuniger. Im Pichelsberger Krug zum Beispiel, einer Kneipe an der Schirwindter Allee in Westend, hat Wirt Christian Spann mit denen Fußball geguckt, die auch ohne Fußball in seine Kneipe kommen. „Alles nur Stammgäste“, sagt Spann auf die Frage, ob die Möglichkeit des Public Viewings in der Kneipe ein paar Biertrinker mehr als üblich angezogen habe.

Peter Knoche, Wirt der Leibniz- Klause in Charlottenburg, hat Unterschiede zwischen den Deutschland-Spielen und den Spielen ohne deutsche Beteiligung bemerkt. Wenn die „Mannschaft“ auflief, sei die Leibniz-Klause „schon schön“ voll gewesen, bei den anderen Spielen ging es so.

Etwas anders wirkte sich die EM auf den Betrieb im „Robbengatter“ im Bayrischen Viertel aus. Timo Hanschmann betreibt die Kneipe, in der schon der Dichter Gottfried Benn oft Pils trank, rauchte und dabei schrieb. Hanschmann sagt, auch bei diesem Fußball-Event sei Public Viewing „Grundvoraussetzung für vernünftigen Umsatz“ gewesen, der aber im Vergleich zum sonstigen Geschäft „geringer ausfalle. Bei Deutschland-Spielen sei sonst mit wenigen Besuchern zu rechnen gewesen, „und je weiter das Turnier voranschritt, noch weniger. Die Stimmung zu den Spielen war allerdings bei uns phänomenal, mitfiebern und zittern eingeschlossen“, sagt Timo Hanschmann.

In der „Wernesgrüner Bierstube“ in Karlshorst hatten sie sich fürs Fußball-Gucken auf der Terrasse eingerichtet: Es gab von der Großbildleinwand bis zum Fernseher über dem Tresen verschiedene Möglichkeiten. „Schon gut“ sei der Umsatz immer dann gewesen, wenn die Deutschen spielten, sagt ein Mitarbeiter der Bierstube, „da war es voller“.

Das Preis-Leistungsverhältnis stimmt auf der Straße des 17. Juni in keinster Weise mehr. Da verzichtet man gerne und unterstützt lieber den Kneipier seines Vertrauens, der obendrein Sitzplätze, saubere Toiletten und angenehmere Mit-Zuschauer anbieten kann.

schreibt NutzerIn klauskuenstler

Die Fanmeile muss man ganzheitlich sehen, sagt Kieker

Auch Burkhard Kieker, der stets zuversichtliche Berliner Tourismus-Vermarkter von VisitBerlin, sagt über die EM: „Die Gastronomie hat auf alle Fälle was davon.“ Ob aber die Fanmeile in den vergangenen Wochen eine zusätzliche Attraktion für die Stadt war, ist nicht zu sagen. Kieker bekommt die Übernachtungszahlen der Hotels immer mit einigen Wochen Verzögerung. Im Mai sei ein Wachstum von 1,6 Prozent zu verzeichnen gewesen. Im Juni war der Andrang nach seinen Informationen „ganz stark“, unter anderem wegen der Fashion Week.

Kieker sagt, man solle so etwas wie die Fanmeile weniger als einzelne Attraktion sehen, sondern „ganzheitlich“: Wenn es etwa in der „Tagesschau“ heiße, man schalte um auf die Berliner Fanmeile, werde damit transportiert: Das ist ein Ort, wo die Deutschen zusammen feiern.

Dabei geht es nicht immer nur nett zu - die Polizei hat während der EM auf der Fanmeile gut zu tun gehabt. Zwölf Einsätze gab es bis zum 8. Juli, dabei waren zwischen 100 und 460 Polizeibeamte im Dienst. In dieser Zeit wurden 90 Strafanzeigen erstattet, quer durch größere Teile des Strafgesetzbuches: (gefährliche) Körperverletzungen, Beleidigungen sowie Beleidigungen auf sexueller Grundlage, Widerstände gegen Vollstreckungsbeamte, Sachbeschädigungen, Hausfriedensbrüche, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Verstöße gegen das Sprengstoffgesetz, listet ein Polizeisprecher auf.

Die Ermittlungen dauern in vielen Verfahren noch an, es können auch weitere Anzeigen dazukommen. Die Polizei sucht außerdem nach Zeugen, die gesehen haben, wie ein Mann beim Spiel der Deutschen gegen die Ukraine mehrfach den „deutschen Gruß“ zeigte.

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