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Berlin: Fußgänger angefahren – dann verprügelt

Yakub E. erfasste einen Passanten beim Abbiegen. Aus Wut schlug er den Mann anschließend krankenhausreif

Von Tanja Buntrock

und Werner Schmidt

Im Krankenhauszimmer fasst sich Robert S., 29, kurz an sein rechtes Auge. Es ist komplett zugeschwollen und schimmert rot-violett. Und das nur, weil er am Abend zuvor ganz normal bei Grün über die Bismarckstraße in Charlottenburg gegangen ist. Ein Lieferwagenfahrer hatte nicht aufgepasst, ihn angefahren – und anschließend auch noch krankenhausreif geprügelt.

Es ist gegen 20.50 Uhr am Montag, als sich Robert S. und der 25-jährige Kleintransporter-Fahrer Yakub E. an der Bismarckstraße / Ecke Kaiser-Friedrich-Straße „begegnen“: Yakub E. biegt von links kommend in die Bismarckstraße ein und touchiert Robert S., der bei grüner Ampel die Fahrbahn überquert. Der Fußgänger verspürt nur einen „leichten Schmerz am Knie“, wie es im Polizeibericht heißt. Doch plötzlich springt Yakub E. aus seinem Transporter und schlägt Robert S. ohne Vorwarnung zweimal mit der Faust ins Gesicht. Die Schläge sind so stark, dass Robert S. ins Krankenhaus gebracht werden muss. Die Polizei, die mittlerweile eingetroffen ist, schreibt eine Anzeige wegen Körperverletzung und nimmt Yakub E. noch am Unfallort den Führerschein ab. Der gebürtige Malaye, der in Schöneberg wohnt, ist nach Angaben der Polizei schon öfter aufgefallen: Er soll schon mehrmals wegen gefährlicher Körperverletzung angezeigt worden sein. Ob Yakub E. seine Opfer immer im Streit um den Straßenverkehr verprügelt hat, kann die Polizei allerdings nicht sagen.

Im Amtsgericht Tiergarten beobachten sie es bereits seit längerem: Die Aggressivität unter Verkehrsteilnehmern hat zugenommen, sagt Verkehrsrichter André Muhmood. Dass zugeschlagen werde, sei aber eher selten. Meistens beschränkten sich die Streitenden auf „verbale Gewalt“. Die „sprachliche Brutalität“ habe allerdings ein Niveau erreicht, dass Beleidigungen wie „Arschloch“ heute eher zu den harmlosen zählen. Immer wieder endet die laut Richter typische „Kampfsituation“ zwischen Autofahren und Radlern vor Gericht. Aber auch mit dem „klassischen Delikt“ – dem Streit zwischen zwei Autofahrern um den Parkplatz – müssen sich die Verkehrsrichter immer wieder befassen. Nach der Erfahrung der Juristen nehmen mit dem wachsenden Verkehrsaufkommen auch die Stresssituationen zu. Rastet ein Autofahrer richtig aus, kostet es ihn vor Gericht in der Regel den Führerschein und zusätzlich eine happige Geldstrafe. Seinen Führerschein ist er in einem solchen Fall für mindestens ein halbes, häufig sogar für ein ganzes Jahr oder noch länger los.

Wie beispielsweise jener Autofahrer, der im Mai vergangenen Jahres an der Nürnberger Ecke Tauentzienstraße versuchte, zwei Fußgänger mit seinem Wagen zu verscheuchen, weil ihm diese die Straße zu langsam überquerten. Wie berichtet, folgte er den beiden Passanten anschließend in ein Geschäft und prügelte auf sie ein. Das Verwaltungsgericht bescheinigte dem Mann in der vergangenen Woche, er habe mit seinem Verhalten charakterliche Mängel gezeigt. Seine Fahrerlaubnis darf erst wieder beantragen, wenn nach einer langfristigen Therapie seine Eignung festgestellt werden kann. Zwei Jahre musste ein anderer Autofahrer mit der BVG fahren, der im Dezember 2000 in Neukölln einen Radler krankenhausreif geprügelt und ihm eine Gaspistole an den Kopf gehalten hatte. Und das nur, weil der Radler das Auto des Mannes gestreift hatte. Ein Kratzer war an dem Wagen nicht zu finden.

Auch die Schusswaffe im Handschuhfach ist keine Seltenheit: Im August 2002 richtete ein 54-jähriger Autofahrer auf der Autobahn an der Anschlussstelle Kleinmachnow bei Tempo 160 seine Schreckschusspistole auf einen anderen Fahrer, als dieser ihn überholte. Der Mann wurde kurz darauf von der Autobahnpolizei auf der Avus aus dem Verkehr gezogen. Im Auto fanden die Beamten eine weitere Pistole und mehrere Messer.

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