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Star-Treff. Die alten Kumpels George Clooney und Matt Damon trafen sich hier, Hugh Grant speiste mit einer unbekannten Frau: Das Grill Royal ist bei Hollywood-Schauspielern momentan sehr angesagt. Foto: dpa

© picture-alliance/ dpa

Berlin: Futtern wie bei Muttern

Die Hollywood-Gäste bevorzugen unkompliziertes Essen. Michelin-Restaurants lassen sie links liegen – und auch das Borchardt hat seinen Reiz verloren.

Der „Grill Royal“ ist das neue Lieblingsrestaurant der Berlinale-Gäste aus Hollywood. Matt Damon traf sich dort kürzlich mit Neu-Berliner George Clooney, der hier in der Friedrichstraße sein neues Lieblingsrestaurant gefunden zu haben scheint. Al Pacino wurde hier gesichtet und Hugh Grant speiste während seines Kurzbesuchs mit einer unbekannten Dame. Warum ausgerechnet dort und nicht etwa in einem der zahlreichen Sterne-Restaurants der Stadt? Geld genug hätten sie doch!

Mit einem so schnöden Argument lassen sich die Stars freilich nicht zu den Sternen verfrachten. Lange gehörte es zum guten Mimen- Ton, sich in Lokalen wohlzufühlen, wo es wie bei Mutter schmeckte.

Das klingt heute altbacken, spielt aber genau darauf an, worauf es bei der Restaurantwahl ankommt. Es soll schon richtig gut schmecken, aber gleichzeitig erdverbunden sein. Nach dem Motto „Man ist, was man isst“ wollen Schauspieler so deutlich machen, dass sie die Bodenhaftung nicht verlieren.

Die Rolle der Mutter haben bei erwachsenen Stars, besonders aus dem Einzugsbereich Hollywood, längst Personal Trainer und Fitness Coaches übernommen. Wo die Figur Teil des Handwerkszeugs ist, müssen Ernährungssünden systematisch minimiert werden. Also Schluss mit Kohlroulade. Vegetarisches oder sogar veganes Essen, auch mal ein Steak, aber möglichst ohne Pommes und fette Sauce Béarnaise prägen dieses Regime.

So gibt es viele Gründe, warum der Glanz des „Borchardt“ als Stammkneipe der Stars mächtig eingebüßt hat. Die berühmten Schnitzelchen an der Französischen Straße in Mitte passten einst gut in die Kategorie „Futtern wie bei Muttern“. Auch Hollywood-Ikonen sind nur Menschen und geben gern mal eine Insider- Empfehlung weiter in der Art: „You must try the Schnitzel at this hangout near the Regent Hotel, so good“. Nur war das nach all den Jahren natürlich kein origineller Tipp mehr.

Um Borchardt-Wirt Roland Mary muss man sich trotzdem keine Sorgen machen. Mit dem „Grosz“ hat er am Ku’damm gerade einen neuen Ort geschaffen, der Starkompatibel ist. Und am Dienstag lud die mächtige Filmstiftung Nordrhein-Westfalen Regisseure, Produzenten und Schauspieler zum Lunch in sein Café am Neuen See mit seiner unspektakulären, aber gut gemachten Küche. Die ideale Star-Kost ist unkompliziert, aus erstklassigen Zutaten und wird in einem angenehmen Ambiente serviert, das rasch erreichbar ist – die Legende vom Tunnel zwischen Borchardt und Regent hält sich hartnäckig.

Dass der Ruf der „Paris Bar“ als Star- Schänke verblasst ist, liegt auch daran, dass die Berlinale einst vom alten Westen zum Potsdamer Platz gezogen ist.

Die Restaurants der Sterne-Köche sind klassische Pilgerstätten für Gourmets oder „Foodies“, wie man im Amerikanischen sagt. Dort agiert der Koch als Künstler und öffnet neue Geschmackswelten. Das dauert lange und ist kalorienmäßig kaum vernünftig kalkulierbar. Wenn ein Star gleichzeitig „Foodie“ ist, dann ist das bestenfalls kontraproduktiv.

Schön teuer ist es im Grill Royal auch, aber man kann genau berechnen, was man zu sich nimmt. Steak und Salat mit wenig Dressing sind schließlich die Verwöhn-Klassiker bei vielen Diäten. Das dezent von Kunst geprägte Ambiente passt ebenfalls gut zu den Bedürfnissen, es soll ja gern originell, gediegen und diskret sein. Nur nicht zu diskret, denn auch ein Dinner in der Stadt lässt sich zur Imagevertiefung ummünzen.

Als George Clooney im Grill kürzlich für einen Gast die Rechnung übernahm, machte das auf geheimnisvolle Weise blitzschnell die Runde. Sehr beliebt in internationalen Schauspielerkreisen ist auch das „Bocca di Bacco“ in der Friedrichstraße, ein schicker Edelitaliener mit unkompliziert leckerem Essen. Produzentin Julie Pacino dinierte im Asphalt-Club in Mitte, wo auch ihr Vater Al Pacino gesichtet wurde.

Von Quentin Tarantino weiß man, dass er das „Knofi“ in der Bergmannstraße mag mit seinen feinen orientalischen Spezialitäten. Und Clooney ließ sich auch schon im „Kimchi Princess“ in Kreuzberg blicken.

Die Vegetarier unter den Schauspielern haben nach wie vor wenig Auswahl, Cookies Cream hinterm Westin Grand Hotel ist die beste Adresse, so wie es Veganer zu „La Mano Verde“ in die Kempinski Plaza ziehen dürfte.

Auch die Bären-Gewinner feierten im vergangenen Jahr nicht mehr im Borchardt, sondern im Spiegelzelt des Kulinarischen Kinos am Martin-Gropius-Bau. Dort bekamen sie von dem mit einem hohen Gourmet-Orden ausgezeichneten Slow-Food-Fan Dieter Kosslick dann doch mal Sterne-Küche aufgetischt, Winterspargel und Müritz-Zander aus den Töpfen von Hendrik Otto.

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