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Berlin: Gastarbeiter gesucht – für China In dem Boomland fehlen zunehmend Fachkräfte.

Jetzt warb die Stadt Tianjin um deutsche Experten

China hat ein Problem, das wir auch gerne hätten: Die Wirtschaft wächst zu stark. Um 9,5 Prozent legte das Bruttoinlandsprodukt in den ersten neun Monaten dieses Jahres zu. Der Aufschwung bringt die Entwicklung des Landes voran, hat aber auch negative Konsequenzen. Manche davon haben Auswirkungen bis nach Berlin: Weil den Unternehmen die Fachkräfte ausgehen, wirbt China auch in der deutschen Hauptstadt um chinesische Auslandsstudenten und deutsche Experten, die am Boom im Fernen Osten mitarbeiten wollen.

„Nach London ist Berlin die zweite Station unserer Rekrutierungsreise durch Europa, die uns auch noch nach Paris führen wird“, sagt Yang Xinchuan, Vize-Generaldirektor des Personalbüros von Tianjin. Die Zehn-Millionen-Hafenstadt rund 100 Kilometer südöstlich von Peking steht mit anderen chinesischen Metropolen im harten Wettbewerb um Führungskräfte und attraktive Joint-Venture-Partner. Am Montag stellten sich Stadt und örtliche Unternehmen in der Berliner Industrie- und Handelskammer vor. „Ungewöhnlich ist, dass auch offiziell Experten aus Europa angeworben werden sollen“, sagt Tilman Lesche vom Asien-Netzwerk „Inside A“.

Rund 50 westliche Fachleute werden gesucht, meist für ein paar Monate: Auto-Designer, Mikrobiologen, Nano-Techniker, Windkraftexperten. „Die Chinesen sind sehr interessiert an alternativen Energien“, sagt Joachim Nibbe, der schon mehrfach in China war. „Schwierig wird es nur, wenn wir über die Kosten sprechen.“ Auch medizinisches Personal ist gefragt. Ein Facharzt verdient in Tianjin 7000 bis 10000 Euro – im Jahr. In China ist das ein fürstliches Gehalt, zu dem noch ein Wohnungszuschuss hinzukommt und die Garantie, an internationalen Tagungen teilnehmen zu können.

Ingo Ott wartet am Stand einer Pharmafirma. Er promoviert an der Freien Universität und kann sich vorstellen, anschließend „ein bis zwei Jahre bei einer Pharmafirma in China zu arbeiten“. Danach will er zurück nach Deutschland kommen.

Auch Lin Feng hat den Standort Deutschland noch nicht ganz abgeschrieben. Der 24-Jährige studiert in Dresden, und will im nächsten Frühjahr Diplom-Informatiker sein. „Ich habe mich am Stand von Motorola vorgestellt“, sagt er. Der amerikanische Mobilfunkkonzern baut in Tianjin Handys. „Sie wollen sich bei mir melden, wenn sie eine passende Position haben“, freut sich Lin. Er hat sich aber noch nicht entschieden, ob er gleich nach dem Studium zurück nach China geht. „Ich habe meine Diplomarbeit bei Siemens geschrieben. Auch ein guter Arbeitgeber.“

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