zum Hauptinhalt

Berlin: Geboren am 29. Februar

Heute ist Schalttag – und 2206 Berliner feiern

Zum letzten Geburtstag gab es eine Schultüte. Klar, es war der sechste – Zeit für Lisa Petrows Einschulung, meinten ihre Freunde und ihre Familie. Heute, an ihrem siebten Geburtstag, lernt sie für ihre Magisterprüfung in Germanistischer Linguistik an der Humboldt-Universität: „Ich schwänze aber ausnahmsweise mal “, sagt Lisa. „Ich komme am 29. Februar einfach nicht aus meiner Wohnung. Ständig klingelt das Telefon, weil alle meine Freunde und Verwandten durchdrehen.“ Lisa Petrows Geburtstag vergisst niemand, dazu ist er eine zu große Rarität. Denn einerseits ist heute zwar ihr siebter Geburtstag, andererseits ist sie 1980 geboren: Den 29. Februar gibt es nur alle vier Jahre – in den Schaltjahren.

Der zusätzliche Tag ist ein Ausgleichstag, weil das Kalenderjahr kürzer ist als ein Sonnenjahr. Das hat nicht 365, sondern dreihundertfünfundsechzigeinviertel Tage. Ohne Schaltjahr würden sich dadurch nach einiger Zeit die Jahreszeiten verschieben, der Frühlingsanfang fiele dann zum Beispiel irgendwann in den Sommer.

Zurzeit leben in Berlin 2206 Menschen, die an einem 29. Februar geboren wurden. An anderen Tagen des Jahres feiern wesentlich mehr Berliner ihre Geburt – rein rechnerisch eben vier Mal so viele. Am 28. Februar sind es tatsächlich sogar 9610, am 1. März sogar 11 576. Ihren ersten richtigen Geburtstag an einem 29. Februar erleben heute 64 Berliner Kinder, sie werden vier Jahre alt. Wenn es ihnen wie Lisa Petrow geht, wird ihnen heute noch nicht klar sein, wie besonders dieser Geburtstag ist. „Das habe ich erst mit zwölf mitbekommen, an meinem dritten richtigen Geburtstag“, sagt sie. Damals nahm sie sich vor, ihren Geburtstag nur alle vier Jahre mit einer Party zu feiern. In den anderen Jahren trifft sie sich am Abend des 28. Februar mit Freunden. „Und alle achten genau darauf, dass sie mir erst nach Mitternacht gratulieren.“ Sie ist um 0.20 Uhr geboren. „Meine Mutter hat sich Mühe gegeben, dass ich wirklich am 29. auf die Welt komme. Das fand sie lustig.“

Ganz anders die Mutter von Dieter Schreiter. Als er am 29. Februar 1956 kurz nach Mitternacht auf die Welt kam, überredete sie den Arzt, den 28. Februar als Geburtstermin einzutragen. „Sie wollte mir Kuddelmuddel und Leid ersparen. Außerdem wollte sie ein Sonntagskind“, sagt Schreiter, dem die Sache so unangenehm ist, dass hier nicht sein richtiger Name steht. Nur wenige kennen das Geheimnis des falschen Datums in der Geburtsurkunde. Er selbst erfuhr es an seinem 12. Geburtstag. Und feiert inzwischen am 29. Februar – immer noch mit seiner heute 83-jährigen Mutter. Ihre Mogelei kann er zwar „nachvollziehen“. „Aber eigentlich sagt man doch, dass dieser Geburtstag Glück bringt.“

Lisa Petrow ist sich da nicht ganz so sicher: „Meine Freunde haben mir gedroht, dass sie einen Kindergeburtstag mit Topfschlagen und Blindekuh organisieren.“ Falls das wirklich passiert, wird sie es aber mit Humor nehmen: „Ich sage ja selbst immer, dass ich sieben werde.“ Daniela Martens

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false