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Viele Künstler sind in Not, sie bekommen nichts von den Hilfsprogrammen.

© REUTERS/Michele Tantussi

Gegen das Aussterben der Kultur: Künstler, Artisten und Musiker demonstrieren mit Dinoskelett vor Brandenburger Tor

Ein Aktionsbündnis fordert effektivere Nothilfen in der Pandemie. Sie schlagen ein „Kurzarbeitergeld für Selbstständige“ vor.

Nichts steht mehr für „Ausgestorben“ als ein Dinosaurier, findet das Aktionsbündnis „Alarmstufe Dunkelrot“ und hat deshalb das Originalskelett eines Tyrannosaurus rex auserwählt, am Mittwochnachmittag vor dem Brandenburger Tor die Lage der Kulturbranche zu repräsentieren.

„Der ist mir zugelaufen“, scherzt Dirk Wöhler, Präsident des Berufsverband Discjockey, trotz der eher weniger lustigen Situation. „Wir sind ja kreativ, wir können inszenieren“. Die Demonstrierenden fordern die Politik unter anderem auf, die Nothilfen anzupassen, „ohne Wahnsinnshürden bei der Antragstellung und monatelangen Zahlungsverzug“. Viele Familien stünden gerade vor dem finanziellen Ruin, statt vor einer besinnlichen Weihnachtszeit.

Auch die Berliner Künstlerhilfe Jetzt ist mit dabei, Artisten, Akrobaten und Musiker begleiten die als Demonstration angemeldete Mahnwache. Jonas Alich ist selbstständiger Artist und tritt normalerweise in Varietés und im Zirkus auf. Auf der Demonstration jongliert er mit einem Diabolo, während neben ihm Kegel durch die Luft fliegen und zwei Akrobaten einander in die Luft stemmen. „Ich bin heute hier, weil ich zeigen will, dass es still wird ohne Kultur“, sagt er.

Der Geschäftsführer der Künstlerhilfe Jetzt, Klaus Mabel Aschenneller, erhofft sich von der Veranstaltung das Verständnis der Öffentlichkeit. „Unsere ernste Lage scheint bei der Politik immer noch nicht angekommen zu sein.“ Als Unterstützung fordert er eine Art Kurzarbeitergeld für selbstständige Künstler.

„Diese wenden mehr als 50 Prozent ihrer Lebensarbeitszeit für das Erwirtschaften von Steuern auf“, heißt es vom Aktionsbündnis, „aber sie werden bei den Hilfen für den Lebensunterhalt benachteiligt.“ Außerdem fordern die Künstler einen „sofortigen Beginn für die Entwicklung von Neustart-Szenarien“ für die Zeit nach Corona.

Das Skelett ist eine Leihgabe aus Bayern

Ein zentrales Problem der Selbstständigen sei es, dass die Grundsicherung für sie nicht funktioniere. „Die Grundsicherung kennt nur Job oder arbeitslos. Die Branche befindet sich aber im Pause-Modus. Null Einnahmen, während Kosten weiterlaufen.“ Daher wird die Bundesregierung aufgefordert, ab Januar „ein Kurzarbeitergeld über einen anderen Auszahlungsweg“ einzuführen. Andernfalls würde sie Hunderttausende Selbstständige in die Insolvenz schicken.

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Bei dem Dinoskelett handelt es sich im Übrigen um eine Leihgabe vom Dinosaurier Museum Altmühltal in Bayern. Zwölf Meter lang, etwa 4,50 Meter hoch. Dirk Wöhler sagt dazu, wie er an das Stück gekommen ist: „Ich habe in der Corona-Zeit wirklich viele tolle Leute getroffen. Wir haben uns eben vernetzt.“ Erst am Freitag habe man die Demo geplant.

Auf einem großem Bildschirm und mit bassigem Sound laufen Bilder und Reden von Kundgebungen aus dem Sommer – Alarmstufe Dunkelrot demonstriert nicht zum ersten Mal für die Rettung der Kulturbranche. An diesem kalten Dezember-Mittwoch sind aber nur wenige Teilnehmer und Zuschauer da.

„Es ist doch klar, dass in dieser Zeit nicht viele Menschen zu einer Demonstration kommen“, sagt Wöhler. „Aber die Bilder gehen um die Welt, das Thema ist wieder in der Öffentlichkeit. Das ist für uns das Wichtigste.“

Marian Schuth

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