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Stephan Rodriguez installiert im Auftrag der Firma Viginoiz auf dem Mittelstreifen des Kurfürstendamms einen sogenannten Lärmblitzer.

© dpa/Soeren Stache

Gegen laute Autos am Ku’damm: Berlin testet Deutschlands ersten Lärmblitzer

Lärm gilt als gesundheitsgefährdend. Manche Autos und Motorräder fallen da besonders unangenehm auf. Am Kurfürstendamm werden sie jetzt mit der „Hydra“ gemessen.

Knatternde Motorräder und laut dröhnende Automotoren werden jetzt erfasst. Berlin testet einen Lärmblitzer, und zwar am Breitscheidplatz. Die Daten dienen der Wissenschaft und der Statistik, ein Bußgeld muss auch der lauteste PS-Angeber nicht fürchten. Zwar wird das Kennzeichen fotografiert, eine Ahndung erfolgt nicht. Dies lässt die Straßenverkehrsordnung rechtlich nicht zu.

Das Gerät mit dem Namen „Hydra“ hat sich die Senatsumweltverwaltung in Frankreich von der Firma Viginoiz ausgeliehen. Es steht seit Mittwochmittag gegenüber der Gedächtniskirche auf dem Mittelstreifen. Es soll alle Fahrzeuge erfassen, die lauter sind als 82 dB (A). Die Daten werden in Zusammenarbeit mit der TU Berlin ausgewertet, ob die Fahrzeuge legal sehr laut sind, illegal getunt oder durch falsche Fahrweise laut sind. Der Lärmblitzer erfasst mit vier Mikrofonen den Lärm und ordnet ihn einem bestimmten Fahrzeug zu. Dieses wird gefilmt und das Kennzeichen fotografiert. Die Daten werden verschlüsselt ins Labor gesendet. Dies erfolgt automatisch.

Der Rest ist mühselig: Die Kennzeichen werden an das Kraftfahrbundesamt übermittelt, das dann den Fahrzeugtyp und die für dieses Modell zugelassene Geräuschentwicklung übermittelt. Halterdaten oder Gesichter werden nicht erfasst, sagte Umweltsenatorin Manja Schreiner (CDU) am Mittwoch. Der Berliner Datenschutz habe sich intensiv mit dem Projekt befasst. Ein Schild am Mast des Gerätes informiert darüber, Schreiner hielt es am Mittwoch in die Kameras.

Der Datenschutz ist gewährleistet, versichert Senatorin Schreiner
Der Datenschutz ist gewährleistet, versichert Senatorin Schreiner

© Jörn Hasselmann

Die ersten Ergebnisse sollen im Sommer 2024 in den nächsten Lärmaktionsplan einfließen. In Paris können Anwohner den aktuellen Lärmpegel in ihrer Straße mit einem Tag Verzögerung im Internet einsehen.

Das Gerät kommt aus Frankreich

Der letzte Aktionsplan für 2019 bis 2023 hatte ergeben, dass sich Anwohner vor allem über den Lärm von Motorrädern und PS-starken Autos beklagen. Vor über einem Jahr wandte sich deshalb die alte Verkehrssenatorin Bettina Jarasch an uns, berichtete der Geschäftsführer von Viginoiz, Raphael Coulmann. Nun ist Berlin die erste Stadt in Deutschland, die „Hydra“ testet. Zwar ist Frankreich in den Tests viel weiter, auch dort werden aber noch keine Bußgelder verhängt.

Die neue Senatorin weiß, dass die StVO nur vom Bund geändert werden kann. Schreiner sieht eine Parallele zu normalen Blitzern, Tempoverstöße würden ja auch geahndet, sagte die Senatorin. Raphael Coulmann berichtete, dass in Paris vor allem extrem laute Motorräder das Problem seien. An sonnigen Tagen, zumal an Wochenenden, sei die Zahl der Lärmsünder ein Vielfaches größer als an regnerischen Tagen.

Die Mikrofone sind in mehreren Meter Höhe installiert
Die Mikrofone sind in mehreren Meter Höhe installiert

© Jörn Hasselmann

Gegen Lärm hat Coulmann ein einfaches Rezept: stadtweit Tempo 30. Das gelte in Paris seit zwei Jahren, nachts sei der Lärm spürbar zurückgegangen, sagte Coulmann. Tagsüber gebe es keinen Effekt, weil die Autos durch die vielen Staus ohnehin langsam seien. Die CDU-Senatorin will sich auf Tempo 30 nicht festlegen, sie bleibt vage: Nachts allerdings könne man, „zeitlich begrenzt“, darüber diskutieren.

Der Autoclub ADAC lehnt die Technik ab, sie sei „wenig erfolgversprechend bei der Ahndung, da sich die Standorte schnell herumsprechen werden und das Problem eher verlagern als lösen“, so ADAC-Vorstand Martin Koller in einer Mitteilung. Das Lärmproblem lasse sich eher mit mehr Kontrollen der Polizei lösen. Aus dem Präsidium stammte der Vorschlag, den Lärmblitzer am Kurfürstendamm zu testen, da dieser beliebt bei Rasern und Posern sei. „Poser“ werden die Menschen genannt, die ein teures, lautes und auffälliges Autor zur Schau stellen.

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