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Berlin: Geschichtsstunde mit Grips

In einem Theaterprojekt sollen sich Jugendliche aus West und Ost mit der Stasi auseinander setzen

Konnte die Stasi so perfide sein und tatsächlich Schüler als Spitzel in ihrem Überwachungssystem einsetzen? Ja, auch davor schreckte sie nicht zurück. Für Jugendliche aber, die in den Jahren um den Mauerfall herum geboren wurden, sind die DDR und diese Schrecken der Stasi nur noch Geschichte, über die sie oft nicht mehr viel wissen. Dies zeigte auch eine zum 15. Jahrestag des Mauerfalls veröffentlichte Umfrage des Tagesspiegel unter Berliner Schülern.

Mit einem Theaterprojekt im Jugendkulturzentrum Pumpe wollen die Birthler-Behörde, die Landesbehörde für die Stasiunterlagen und die Landeszentrale für politische Bildung dazu beitragen, dass sich Schüler im Alter von 15,16 Jahren mit der Stasi auseinander setzen. In vier halbtägigen Workshops sollen sich jeweils eine Oberschulklasse aus dem Westteil und eine aus dem Ostteil über die spielerische Darstellung mit dem Thema befassen. Gemeinsam sollen sie Szenen aus Familie und Politik recherchieren, Theater spielen und improvisieren. Für Philip Hapain vom Grips-Theater ist es wichtig, dass sich die Jugendlichen mit der jüngsten Geschichte befassen. „Inzwischen ist für einige das Kapitel schon so fern, dass sie im Extremfall nicht mehr wissen, ob die DDR vor oder nach der Nazizeit existiert hat“, sagte Hapain.

Besonderen Reiz verspricht er sich davon, dass die Workshops Ost- und West-Jugendliche mit ihren gegenseitigen Vorurteilen zusammenbringen. Beispielsweise treffen Schüler des Evangelischen Gymnasiums zum Grauen Kloster aus Schmargendorf auf die des Erich-Fried-Gymnasiums in Friedrichshain. „Sie wissen teilweise nicht mehr, wo die Mauer stand, aber sie wissen, ob sie Ossis oder Wessis sind“, sagte Hapain.

Dies zeigte sich gestern, als alle acht an dem Projekt beteiligten Klassen das Stück „Beschädigte Seelen“ ansahen, das Laienschauspieler und Jugendliche aus den neuen Bundesländern aufführten. In diesem geht es um einen Jungen, der von der Stasi angeworben wird. Das Stück beruht auf einer Dokumentation des Autors Jörn Mothes, der Geschichten jugendlicher IMs recherchiert hat.

Bei der anschließenden Diskussion fiel es einigen Schülern aus dem Ostteil schwer, sich dem Stoff zu nähern. „So was hat es nicht gegeben“, sagte eine Schülerin. „Das ist unmöglich.“ Der Sprecher der Birthler-Behörde, Christian Booß, führte das darauf zurück, dass sie meinten, wegen der anwesenden West-Schüler die DDR beinahe verteidigen zu müssen.

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