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Berlin: Gesellschaften im Schlußverkauf: Gewobag schluckt zwei Wohnungsgesellschaften

Nach der Gehag-Privatisierung und der geplanten Veräußerung der GSW dreht sich das Mieter und Mitarbeiter beunruhigende Verkaufskarussell der städtischen Wohnungsgesellschaften weiter. Die Gewobag, eben noch Verkaufskandidat des Senats, soll in Kürze die Unternehmen WIR und WIP erwerben.

Nach der Gehag-Privatisierung und der geplanten Veräußerung der GSW dreht sich das Mieter und Mitarbeiter beunruhigende Verkaufskarussell der städtischen Wohnungsgesellschaften weiter. Die Gewobag, eben noch Verkaufskandidat des Senats, soll in Kürze die Unternehmen WIR und WIP erwerben. Woher die rund 300 Millionen Mark als vermutlicher Kaufpreis kommen, ist ungewiss. In der WIP, der Wohnungsgesellschaft in Prenzlauer Berg, befürchtet der Betriebsrat, dass die Gesellschaft wertvollen Altbaubestand im Bezirk veräußern, Sanierungsaufgaben strecken und der Gekaufte dem Käufer letztlich Kredit geben muss.

Über die Finanzierung des vom Senat angeregten Geschäfts, an dem sich mit zehn Prozent die Wohnungsgesellschaft Mitte beteiligen soll, gibt es bislang keine Klarheit. Die Gewobag - Gemeinnützige Wohnungsbau-Aktiengesellschaft - bestätigt nur Verhandlungen und will sich zu dem geplanten Geschäft nicht äußern. Bislang kursieren nur unbestätigte Hinweise, nach denen sich WIR und WIP bei diesem so genannten In-Sich-Geschäft mit rund 100 bis 120 Millionen Mark am Verkaufsgeschäft beteiligen sollen.

In der WIP, deren Bestand sich nicht zuletzt durch Rückübertragungen seit 1997 um fast 10 000 auf knapp unter 19 000 verwaltete Wohnungen verringerte, fürchten Mitarbeiter nach Auskunft des Betriebsrates den weiteren Verkauf gerade der begehrtesten Altbauten, auf längere Sicht Entlassungen unter den rund 220 Beschäftigten. "Die Stimmung ist dramatisch schlecht", berichtete die Vorsitzende Carola Wünsche. In Schreiben an die Senatoren für Stadtentwicklung und Finanzen bat sie um Aufklärung, wie die Zukunft der WIP aussehen sollte, zumal bislang keine Konzeption der Gewobag über den Umgang mit den erworbenen Gesellschaften zu erkennen sei.

Klaus-Dieter Friedland, Geschäftsführer der beiden rechtlich selbstständigen Unternehmen, sagte gestern, dass es zu Entlassungen nicht kommen werde. Beide Unternehmen müssten sich an dem Verkauf aber "in noch genau zu definierender Weise beteiligen". Die Vorstände der Gewobag hätten deutlich gemacht, dass sie die Unternehmen wirtschaftlich nicht gefährden wollten. Friedland begrüßte den Verkauf, der für ihn nicht überraschend komme. Schon jetzt hat die Gewobag einen Fuß in der WIR, weil sie den winzigen Geschäftsanteil übernahm, den die Gehag an der WIR hatte. Die WIR, nach dem Verkauf der Neuen Heimat entstanden und mit 24 000 Wohungen eines der größeren städtischen Unternehmen, hatte vor zwei Jahren selbst die WIP, der sie nach der Wende als Partner zur Seite gestanden hatte, kaufen wollen - aber die "Sonderrechte" der Gehag standen im Weg. Andererseits hegte der Senat damals auch noch den Plan, die WIR selbst zu verkaufen, was im Unternehmen erhebliche Unruhe auslöste.

Senat forciert Fusionen

Unruhe hat es auf dem Berliner Wohnungsmarkt reichlich gegeben, seit der Senat Fusionen forciert. Den Anfang machte nach der Wende Stadt und Land, die das Wohnungsunternehmen in Treptow kaufte und Jahre später die Gesellschaft in Hellersdorf. Die Wohnungsgesellschaft Mitte erwarb Bewoge und Wohnungsbaugesellschaft Friedrichshain. Die DeGeWo übernahm die Köpenicker Wohnungsgesellschaft und ist als Käufer der Gesellschaft in Marzahn im Gespräch. Die GeSoBau übernahm die Pankower und die Weißenseer Gesellschaften, die Gehag wurde fast komplett privatisiert. Den Minderheitsanteil des Landes Berlin von 25,1 Prozent soll die GeSoBau kaufen.

Insgesamt hat die Landeskasse nach Auskunft der Finanzverwaltung seit 1993 durch In-Sich-Geschäfte der Wohnungsbaugesellschaften eine Milliarde Mark eingenommen. Aus den Gesellschaften war immer Kritik laut geworden. Nur der Verkauf der Gehag habe wirklich Geld gebracht, alles andere sei ein Verschiebebahnhof. Die riesigen Beträge, die Unternehmen für den Kauf anderer aufbringen müssten, gingen zu Lasten der Substanzverbesserung des Bestandes. Immobilien würden "verscheuert", um Haushaltslöcher zu stopfen.

Christian van Lessen

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