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Gesundheitsbericht 2010: Berliner bekommen mehr Kinder und trinken mehr

Senatsbericht: Geburtenrate in Berlin steigt weiter an. Doch die Politik beklagt steigenden Tabak- und Alkoholmissbrauch.

Die Berliner bekommen immer mehr Kinder, die Stadt wird stetig größer. Unter den 15- bis 64-jährigen Hauptstädtern neigen allerdings viele zu übermäßigem Alkoholkonsum, mehr als in anderen Bundesländern trinken sogar so viel, dass sie daran noch vor dem Rentenalter sterben. Das sind zwei auffällige Ergebnisse des aktuellen Gesundheitsberichts des Senats.

In der Hauptstadt leben inzwischen 3,42 Millionen Menschen. Seit 2005 steigt ihre Zahl nicht nur wegen Zuwanderung sondern auch dank eines Geburtenüberschusses. In Berlin wurden 2008 mit fast 32 000 Kindern 762 mehr Babys geboren als im Vorjahr. Die Geburtenziffer liegt mit 9,3 Lebendgeborenen je 1000 Einwohner sogar deutlich höher als im Bundesdurchschnitt mit 8,2. Ein Grund dafür ist, dass sich in der Hauptstadt mehr schwangere Frauen gegen eine Abtreibung entscheiden, erklärte Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher (Linke) am Mittwoch.

Am wenigsten Kinder werden nach wie vor in wohlhabenden Stadtteilen geboren – etwa Zehlendorf. Dennoch stellten die amtlichen Statistiker fest, dass auch dort, wo junge Paare zwar (noch) über wenig Geld, dafür aber gute Zukunftsaussichten verfügen, wieder mehr Kinder zur Welt kommen. Zu deren Eltern dürften gerade in Pankow und Friedrichshain-Kreuzberg etwa Studenten, junge Angestellte und freiberufliche Kreative zählen.

Neugeborene Mädchen haben derzeit eine Lebenserwartung von 82, Jungen von 77 Jahren. Nicht nur zwischen den Geschlechtern, auch innerhalb der Bezirke schwankt die Lebenserwartung je nach Sozialstruktur – arme Menschen sterben früher. Dass niedriges Einkommen, belastende Jobs und ungesunde Lebensweise tendenziell zu einem früheren Tod führen, ist seit Jahrzehnten bekannt. Senatorin Lompscher betonte aber, dass viele der Verstorbenen im erwerbsfähigen Alter zu den so genannten „vermeidbaren Sterbefällen“ zählen: Diese Frauen und Männer sterben vor dem 65 Lebensjahr an Krankheiten, die aus ihren Lebensgewohnheiten resultieren – sie rauchen, trinken viel Alkohol, gehen aber selten zum Arzt. Fast doppelt so viele Männer sterben in Berlin infolge Alkohols als im Bundesschnitt. Knapp neun von 100 000 Berliner Männern haben sich 2008 zu Tode gesoffen. Die CDU fordert einen Männergesundheitstag.

Nach Schätzungen der Krankenkasse Barmer GEK bleiben Beschäftigte mit riskantem Alkoholkonsum, 16 mal häufiger ihrem Arbeitsplatz fern als andere Berufstätige. Suchtprävention müsse einen „festen Platz im betrieblichen Gesundheitsmanagement“ bekommen, hieß es. Zugenommen haben Arbeitsunfähigkeiten wegen Verhaltensstörungen. Bei erwerbsfähigen Männern mit 21 000 Einweisungen pro Jahr sind psychischen Erkrankungen der häufigste Anlass für stationäre Behandlungen. Als eine Ursache nannte Lompscher den höheren Druck in der Arbeitswelt. Besonders gefährdet ist aber, wer gar keinen Job hat. Auch die Gewerkschaften hatten kürzlich auf schwere Depressionen bei Dauerarbeitslosen hingewiesen. Lompscher forderte, die Vorsorge bei Erwerbslosen müsse verbessert werden.

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