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Berlin: Global gestrickt

Drei Berliner haben eine indische Tasche zum Fashionprodukt gemacht

Blumen, Haie, der Fernsehturm oder bunte Muster – sie zieren die Taschen im „Fortschritt Berlin“. Und damit ist jede Tasche in dem Geschäft in der Lottumstraße in Mitte ein Unikat. In Indien haben die Berliner Geschäftsinhaber die Häkeltaschen entdeckt. „Im Süden des Landes sind alle Leute damit unterwegs, sie transportieren Blechdosen mit Reis und Curry in den Taschen“, erzählt Modedesignerin Christiane Grafe. Diese Häkeltaschen inspirierten die Designerin und den Grafiker Robert Löffler zu einer Geschäftsidee: eigene Motive und Muster für die Taschen entwerfen, die Qualität verbessern und in verschiedenen Größen in Berlin verkaufen.

Modedesignerin Grafe, die im südindischen Staat Tamil Nadu in einer Weberei gearbeitet hatte, nutzte ihre Kontakte vor Ort, um ein Haus für die Produktion zu mieten und Frauen zu finden, die das Häkelhandwerk beherrschen. Als die rund 30 mitgebrachten Exemplare auf rege Begeisterung in ihrem Freundeskreis stießen, fiel der Startschuss für die erste eigene Kollektion. Zur Verstärkung holten die beiden noch den Webdesigner Per Salzwedel ins Boot und gründeten 2003 den Onlineshop „Plastetasche.de“. In den folgenden beiden Jahren entstanden gut verarbeitete Hand-, Bade- und Einkaufstaschen, die zwischen 25 und 70 Euro kosten. Es gibt rund 100 Muster und Motive und drei Größen.

Die Macher von „Fortschritt Berlin“ fahren jedes Jahr für mehrere Wochen nach Indien, um neues Material einzukaufen und neue Muster auszuprobieren. „Die Materialbeschaffung ist häufig eine Herausforderung“, berichtet Robert Löffler. So brauchten sie im vergangenen Jahr dringend weiße Kordel für 600 Taschen mit weißen Henkeln, doch in Südindien gab es keine weiße Kordel mehr. „Nach wochenlanger Suche haben wir im Norden jemanden gefunden“, erzählt Geschäftspartner Löffler. Um die bestellte Stückzahl rechtzeitig fertig zu bekommen, griff er mit Per Salzwedel gleich vor Ort mit zur Nietmaschine.

Mit dem Häkeln der Taschen beschäftigen sie fünf bis zwanzig Inderinnen. Das warme Klima ist für die Herstellung entscheidend, weil das Nylonmaterial bei rund 37 Grad Durchschnittstemperatur weich genug ist, um es zu verarbeiten. Produziert wird nach den Richtlinien des fairen Handels mit geregelter Arbeitszeit und ohne Kinderarbeit. Gekauft werden die Plastetaschen inzwischen weltweit, auch in den USA und Japan. Doch ihren Lebensunterhalt können die drei Designer von den Einnahmen noch nicht bestreiten – dafür müssen sie noch andernorts arbeiten gehen.

Weitere Infos im Internet:

www.fortschritt-berlin.de

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