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Peter Unsicker, als es seine Wall Street Gallery noch gab. 

© privat

Globen und Sphären waren die Welt von Bildhauer Peter Unsicker: Wenn Freunde die Versicherung ersetzen

Seine Wall Street Gallery war ein Ort des Austausches. Dann brachte ein Feuer den Bildhauer Peter Unsicker um sein Lebenswerk. Er hofft weiter auf Hilfe.

Selbst große Not hat positive Aspekte. Am 4. April brannte die Wall Street Gallery in der Zimmerstraße aus. Begründer Peter Unsicker und seine Partnerin Claudia standen plötzlich auf der Straße. Zwar hatten manche Bronzeskulpturen das Feuer überlebt, aber viele Holzobjekte, vor allem Globen und Sphären, waren zu Asche verbrannt. Bibliothek, Zeichnungen, Bildermappen, Kleidung, Möbel, alles verloren, von jetzt auf gleich. 

Mit versengten Haaren standen sie nach einem vergeblichen Löschversuch draußen, als die Feuerwehr kam. 33 Jahre nach der Gründung der Galerie in Mitte musste Unsicker plötzlich um seine Existenz kämpfen. Doch dann boten Freunde Kleidung an, Schlafplätze, zwar getrennte, aber immerhin, sie konnten irgendwo hin. Versichert war er nicht, da er immer die Auffassung vertreten hatte: „Ein Künstlerleben lässt sich nicht versichern.“

Wie es passiert ist? Er weiß es nicht genau. Erst dachte er, dass er ein Teelicht auf dem Badewannenrand versehentlich nicht gelöscht habe. Da war die Partnerin noch im Krankenhaus, die später versicherte, dass er es ausgeblasen hat. Nun vermuten sie einen Kabelbrand als Verursacher, bemühen sich um Akteneinsicht bei der Feuerwehr. 

Bis zur Wiedereröffnung der Galerie wird es noch lange dauern. „Anfangs haben wir in der Asche gewühlt auf der Suche nach Gegenständen, die wir retten konnten“, erzählt Unsicker am Telefon. Lange ging das nie gut. Zu beißend war der Gestank von Verbranntem: „Da wurde uns immer schnell übel.“

Die Galerie war ein Ort der Kommunikation

Globen und Sphären waren von Beginn an bevorzugte Objekte seines Schaffens: „Worauf wir sind, wohin wir gehen.“ Um auf das Waldsterben aufmerksam zu machen, arbeitete er gern auch mal mit kranken Hölzern, solchen zum Beispiel, die von Pilzen befallen waren. 

Von Anfang an hat er seine Galerie, die später sehr zentral zwischen dem Jüdischen Museum und der Topographie des Terrors lag, als Ort der Kommunikation begriffen. Viele Gespräche hat er mit Passanten geführt, aus denen sich manchmal auch Aufträge oder Kaufabschlüsse ergaben.

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Von all den Galerien, die sich zwischenzeitlich mal in der Zimmerstraße angesiedelt hatten, sei er der einzige Überlebende gewesen. Jetzt hat er sich an die Kulturverwaltung gewandt um Unterstützung, auch moralische.

Viel Zuwendung von Nachbarn und Freunden

Einige Kugeln, die anderswo gelagert waren, sind ihm immerhin erhalten geblieben. Er habe nie ein Bettler sein wollen und hat doch eine Spendenaktion initiieren müssen. Von dem Ziel 12.000 Euro ist er aber noch ziemlich weit entfernt. Die Erfahrung der „Zuwendung von wunderbaren Nachbarn und Freunden“ möchte er unterdessen nicht missen. Das Risiko des Lebens wollte er nicht verkleinern, und eine innere Stimme flüstert ihm immer wieder zu, dass es richtig so war: „Du hast dich dieser Erfahrung aus Überzeugung ausgeliefert.“ 

Mit vielem ist er fertig geworden, auch eine Eigenbedarfskündigung war schon dabei. Trotzdem manchmal die Frage: Wie konnte das passieren? Ihm. Es war doch die Zeit, „als der Himmel über Berlin sich befreite, Bläue zeigte“. Keine Touristen, keine Busse, stattdessen das Gefühl von Frieden. In diese stille Welt brach seine persönliche Katastrophe ein, abends um 21 Uhr, als plötzlich die Flammen loderten.

Trotzdem ist der Künstler in der Lage, Dankbarkeit zu empfinden. „Dass wir unser Leben retten konnten, ist ein großes Geschenk.“ 

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