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Besetzt. Freiwillig will das Occupy-Camp nicht weg vom Bundespressestrand. Foto: dapd

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Berlin: Gnadenfrist für Occupy-Camper

Die Aktivisten können offenbar bis zum Monatsende auf dem Gelände des Bundespressestrands bleiben Doch auch dann wollen sie nicht weichen – es sei denn, die Behörden stellen einen Ausweichstandort

Dem Occupy-Camp am  Bundespressestrands droht die Räumung – allerdings erst am Monatsende. Dann muss das Grundstück endgültig der Grundstückseigentümerin, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), übergeben werden. Doch die Aktivisten, die dort seit einer Woche mit 30 Zelten campieren, wollen selbst dann bleiben. „Freiwillig werden wir nicht gehen“, sagte Sprecher Daniel Mützel. Es sei denn, die Behörden böten einen Ausweichstandort an.

Noch am Montag hatte die Pächterin des Geländes, Johanna Ismayr, die Demonstranten auf Druck der Bima zum Verlassen des Areals aufgefordert. Der Polizei liegen keine Anzeigen vor, weshalb man nicht räumen könne, sagte ein Sprecher. Seitens der Bima müssen die Camper vorerst nichts befürchten. Man gehe davon aus, dass das Gelände nach dem 30. November übergeben werde. Dann versteigert der Bundespressestrand das Inventar. Die Freiluftbar muss schließen, weil dort das Bildungsministerium gebaut wird. Ismayr war von der Äußerung des Bima-Sprechers überrascht. Denn kurz nachdem das Camp errichtet worden war, hätte die Bima eine frühere Übergabe des Geländes am 15. November gefordert, sagte sie. Dies sei jedoch unmöglich, weil dort das Inventar für die Versteigerung lagere. Laut Bima ist der Pachtvertrag mit Ismayr Ende August ausgelaufen, man habe ihr das Gelände zur Nutzung bis Ende November überlassen. Mitte Dezember müsse man das Grundstück an das Baukonsortium übergeben.

Die Demonstranten beklagen, aus dem Regierungsviertel vertrieben zu werden. „Es scheint der politische Wille zu sein, dass wir keinen zentralen Platz in der Hauptstadt bekommen sollen“, sagte Sprecher Mützel. Länger als einen Monat bemühen sie sich darum, dauerhaft im Regierungsviertel campieren zu können. Vor dem Reichstag aufgebaute Zelte hatte die Polizei wieder abgebaut. Am Bundespressestrand würden sie am liebsten überwintern, einige wären laut Graßhoff bereit, Pacht zu bezahlen. Im Camp seien tagsüber etwa 50 Leute, nachts etwas weniger. Manche stecken im Feuer erwärmte Backsteine in den Schlafsack gegen die Kälte. Jeder könne sich anschließen, sagt Saskia Koch, man habe einen ersten Obdachlosen aufgenommen und helfe beim Ausfüllen von Hartz-IV-Anträgen. Die Solidarität der Bevölkerung sei enorm, sagt Graßhoff. Die Sängerin Nina Hagen habe dem Camp 1000 Euro gespendet, Jurten wurden von Pfadfindern aus Zehlendorf und einem Café in Mitte geliehen.

Nach der Räumung des Occupy-Camps in New York demonstrierten am Abend 50 Teilnehmer friedlich vor der US-Botschaft am Pariser Platz. Sie formten aus Teelichtern eine Zelt-Silhouette und riefen: „Yes, we camp.“

Christoph Spangenberg/

Antonie Rietzschel

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