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Berlin: Große Hilfe statt großer Galas

Guidotto Graf Henckel Fürst von Donnersmarck leitet die Stiftung, die sein Urgroßvater für Bedürftige gründete. Das ist jetzt 90 Jahre her

Graf Henckel Fürst von Donnersmarck ist der einzige Mensch auf der Welt, der mit Vornamen Guidotto heißt. „Damit habe ich schon so manche Wette gewonnen“, erzählt er. Es glaubt ihm nämlich niemand, dass er einmalig ist. Aber das ist nicht das einzige Originelle an dem pensionierten Banker. Er ist seit genau 30 Jahren Kuratoriumsvorsitzender einer der größten Stiftungen für Behinderte, der Fürst-Donnersmarck-Stiftung zu Berlin.

Außerdem, und das ist nun wirklich eine große Ausnahme: Er ist nicht auf der Jagd nach Sponsoren. Nicht, dass er was gegen Zustiftungen hätte, die sind willkommen. Manchmal sind es Erbschaften von Leuten, die den Namen noch kennen aus Zeiten, da es noch nicht eine unüberschaubar große Zahl an Hilfsprojekten gab. Gerade in diesen Tagen feiert die Stiftung ihren 90. Geburtstag. Das ist Anlass für eine Reihe von Veranstaltungen, eine Baumpflanzaktion zum Beispiel oder eine Meisterschaft im Rollstuhltanz, aber auch kein Grund, wie verrückt zu trommeln. Er braucht keine großen Galas, und zu einem Berliner Lunch reicht ihm die Gesellschaft einer einzigen Journalistin. Weil er hofft, dass die Behinderten, die Angebote, wie das sozialtherapeutische Café Blisse 14 wahrnehmen, sich freuen, von dem runden Geburtstag und der langen Tradition in der Zeitung zu lesen. Blisse 14 ist ein rollstuhlgerechtes Café, in dem sich Behinderte und Nichtbehinderte treffen, auch Selbsthilfegruppen, wie Multiple-Sklerose-Kranke oder Querschnittgelähmte.

Gegründet hat die Stiftung der Urgroßvater des heutigen Vorsitzenden, Guido Graf Henckel Fürst von Donnersmarck. Er hatte schon vor 1914 einen Krieg mit Frankreich antizipiert, war aber strikt dagegen gewesen. Also wolle er etwas tun, um den Kriegsverletzten zu helfen, die täglich von der Westfront auf Rotkreuzzügen nach Berlin kamen. In Frohnau baute der 84-Jährige ein großes Lazarett und zog auch gleich dorthin, um sich persönlich mit zu kümmern. Seine Frau leitete die Schwestern an. 1916 gründete er die Stiftung als größere Kur- und Heilanstalt für Kriegsverletzte. Von Anfang an sollte auch geforscht werden, um neue Lebensräume zu schaffen, die Rehabilitation und Wiedereingliederung von Behinderten zu befördern. Hunderttausende Soldaten würden durch Kriegsschädigungen in ihrer Gesundheit dauernd oder vorübergehend schwer beeinträchtigt werden, hieß es in einer Denkschrift. Nach Frohnau wurden die Verletzten direkt von den Zügen gebracht.

Für die Stiftung habe der Urgroßvater, der ein überaus unkonventionelles Leben geführt habe, etwa ein Prozent seines Vermögens gegeben. Heute wären das schätzungsweise 200 Millionen Euro. Nach Verlusten durch Kriege und Inflation, besteht das Vermögen jetzt wieder aus etwa 180 Millionen Euro, stille Reserven eingeschlossen. In der Stiftung arbeiten 550 Leute. Heute gibt es in Frohnau ein evangelisches Rehabilitationszentrum für Körperbehinderte, eine Wohnanlage für Behinderte, und in Zehlendorf eine Freizeit- und Bildungsstätte. In Rheinsberg hat die Stiftung ein behindertengerechtes Vier-Sterne-Hotel errichtet, direkt am See mit vielen Wellness-Angeboten.

Aus Anlass des Geburtstags wird in diesem Jahr zum ersten Mal ein mit 30 000 Euro dotierter Forschungspreis verliehen. Damit soll eine aktuelle wissenschaftliche Forschungsarbeit über die neurologische Rehabilitation von Menschen mit erworbener Schädigung des Nervensystems ausgezeichnet werden. (Informationen dazu gibt es unter der Telefonnummer 769 700 12).

Der Name Guidotto ist übrigens eine Familientradition, der zweite Teil geht auf eine Patenschaft Otto von Bismarcks zurück. Und auch das ist eine Tradition: Jeweils der älteste Sohn übernimmt die Stiftung nach dem Tod des Vaters und führt sie weiter. Die Lust auf diese Arbeit ist gewissermaßen ererbt. Spaß macht es dem pensionierten Banker aber trotzdem.

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